Eintracht Frankfurt mit der Politik der ruhigen Hand auf dem Transfermarkt

Weshalb Eintracht Frankfurt keine Eile auf dem Transfermarkt hat und wie der Klub im Sommer plant.
- Eintracht Frankfurt hat noch keine Verstärkungen im Winter verpflichtet
- Jacob Bruun Larsen und Ante Rebic kommen nicht
- Auch Max Kruse ist wohl kein Thema
Die Sache mit dem Dortmunder Flügelflitzer Jacob Bruun Larsen entpuppte sich als Luftnummer. „Nix dran“, winkte Sportvorstand Fredi Bobic von Eintracht Frankfurt demonstrativ ab. Offensivspieler habe man doch eh genügend, kein Bedarf. BVB-Manager Michael Zorc bekräftigte das Frankfurter Dementi mit dem knackigsten Zitat des Wochenendes, wonach sein Kontakt zu einem gewissen Donald Trump intensiver sei als der zu einem der Verantwortlichen von Eintracht Frankfurt. Donald, wer?
Die Nummer mit Ante Rebic hat sich auch erledigt, seit sich der Trainer des AC Mailand, Stefano Pioli, wahrscheinlich unter Gewaltandrohung doch dazu durchringen konnte, den kroatischen Nationalstürmer zumindest mal für 45 Minuten einzuwechseln. Prompt schoss die Wuchtbrumme zwei Tore und den AC Milan zum 3:2-Sieg gegen Udinese. Rückkehrwahrscheinlichkeit nach Frankfurt durch Rebics Doppelpack? So ziemlich null.
Tino Kadewere? Kennt Bobic nicht.
Auch der angeblich an der Angel zappelnde Stürmer Tino Kadewere, seines Zeichens Toptorjäger der zweiten Liga in Frankreich, wird wohl eher nicht das Dress mit dem Adler auf der Brust tragen. Der aus Simbabwe stammende Angreifer, 18 Tore in 20 Spiele für AC Le Havre, steht nicht auf der Frankfurter Liste, er kenne diese Granate von einem Spieler gar nicht, ließ Fredi Bobic mitteilen.
Und Max Kruse, dieser Fuchs auf zwei Beinen, der in der Türkei bei Fenerbahce Istanbul spielt und dieser Tage nach Frankfurt gerüchtet wurde? Nix dran. Der nächste Schuss in den Ofen. Ja, sapperlot. Kein Neuer in Sicht.
Okay, für den kommenden Sommer haben die Hessen ja schon mal zugeschlagen und den in Frankfurt geborenen und zurzeit für Sparta Rotterdam auf Torejagd gehenden Ragnar Ache verpflichtet. Keine Soforthilfe, eher ein Perspektivtransfer.
Ragnar Ache ist einer für die Zukunft
Für den deutschen U-21-Nationalspieler geht ein lang gehegter Traum in Erfüllung. „Ich habe elf Jahre hier gewohnt und immer die Eintracht geguckt“, sagt der 21-Jährige. „Mein ganzes Leben hatte ich das im Kopf und habe mir immer gesagt, dass ich einmal für Eintracht spielen will.“ Der Mittelstürmer, für rund zwei Millionen Euro verpflichtet, ist ein selbstbewusster Kerl, der noch ganz andere Pläne hat: „Mein großes Karriereziel bleiben die Bayern. Auch in der Premier League möchte ich einmal spielen, in der Champions League sowieso“, sagte er der „Sportbild“. Und weiter: „Jetzt hoffe ich, dass ich irgendwann für die A-Nationalmannschaft ran darf. Die Heim-EM 2024 ist das Ziel.“
Der Angreifer, der in Holland in 18 Spielen fünf Tore gemacht hat, weiß aber, dass es nicht leicht wird mit dem Durchbruch. „Das Niveau der Bundesliga, sagte mir jemand, ist zehnmal höher als das in den Niederlanden. Darauf muss ich mich vorbereiten.“ Ache verfolgt seinen neuen Klub schon jetzt sehr genau, nach dem Eintracht-Sieg in Hoffenheim befand er im Brustton der Überzeugung: „Ich habe vollstes Vertrauen, dass sich die Eintracht in dieser Saison erneut für die Europa League qualifizieren wird.“ Nun ja.
Ache, der einst vor den Toren Frankfurts in Neu-Isenburg spielte, ist einer dieser Transfers, die Phantasie beinhalten. Der Plan ist, den veranlagten Stürmer zu entwickeln und ihn auf die nächste Stufe zu heben. Um ihn dann, im besten Fall, für viel Geld verkaufen zu können.
Eintracht Frankfurt will Ausbildungsverein sein
Dieser Philosophie will die Eintracht treu bleiben, sie ist im Grunde noch immer alternativlos. Der Klub sieht sich nach wie vor als Ausbildungsverein auf hohem Niveau – im vergangenen Sommer hat diese Ausrichtung erstmals richtig Früchte getragen, als der Verein Luka Jovic und Sebastien Haller für rund 110 Millionen Euro verkauft und Ante Rebic auf Leihbasis in Wert gesetzt hat.
Doch diese Maxime muss mit Leben gefüllt werden. Vor dieser Runde legte der Klub bei der Spielersichtung mehr Wert auf eher gestandene, deutschsprachige Spieler wie Dominik Kohr, Erik Durm oder Bas Dost. Auch die zuvor geliehenen und schließlich fest verpflichtenden Akteure wie Kevin Trapp, Martin Hinteregger und Sebastian Rode gehören dieser Kategorie an. Lediglich Dejan Joveljic wurde als Perspektivspieler mit hoher Veranlagung für rund fünf Millionen Euro von Roter Stern Belgrad gekauft. Ausgerechnet der junge Stürmer kommt bisher aber so gar nicht zum Zug.
Filip Kostic wird Eintracht Frankfurt wohl verlassen
Nach dieser Spielzeit sind daher auch nicht mit Einnahmen wie vor Jahresfrist zu rechnen – mit einer Ausnahme. Der herausragende Filip Kostic wird den Klub mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit verlassen, dann wären rund 45 Millionen Euro fällig. Womöglich wird Newcastle United die Kaufoption bei Jetro Willems trotz dessen Kreuzbandrisses ziehen, was vordergründig erst einmal nicht besonders wahrscheinlich erscheint, aber dennoch möglich ist, weil der Niederländer bislang prima Leistungen auf der Insel gezeigt hat. Dann würden noch einmal elf Millionen Euro reinflattern. Mit diesem Geld könnte die Eintracht auf Shoppingtour gehen, sie will ihre großen Investitionen ohnehin erst zur neuen Saison tätigen.
Die spannende Frage wird sein, ob die Eintracht zurückkehrt zu ihrer alten Strategie und in den Märkten fischt, in denen sich Chefscout und Kaderplaner Ben Manga bestens auskennt, also Fußballer holt, die jung und unfertig sind, aber Potenzial haben, das sich heben lässt. Oder ob sie weiterhin Substanz aufbauen und ein solides Fundament bauen will, das eine gewisse Sicherheit gibt, aber eben auch an Entwicklungsgrenzen stoßen kann.
Eintracht Frankfurt: Vielleicht tut sich noch was auf dem Transfermarkt
Und was passiert aktuell? „Wir werden auf dem Transfermarkt vielleicht das eine oder andere noch hinbekommen“, sagte Sportvorstand Fredi Bobic jüngst. Die Eintracht sucht aber ohne Eile, verfolgt eine Politik der ruhigen Hand. Sie wird erneut einen langen Atem haben, bis zum Schluss um bessere Preise und Konditionen pokern. Der große Handlungsdruck ist durch den Sieg in Hoffenheim erst einmal raus, aber natürlich ist die Sportliche Führung nicht blauäugig und macht diese Entscheidungen von einem Spiel abhängig.
Es wäre gar fahrlässig, sollten die Frankfurter nicht seriös prüfen, ob und wo sie sich noch verstärken können. Ihren Fokus haben sie klar aufs defensive Mittelfeld gelegt, weil dort in Gelson Fernandes und Lucas Torro zwei Spieler langfristig und bis ins Frühjahr hinein ausfallen. Das ist nachvollziehbar, da dort in Djibril Sow, Sebastian Rode und Dominik Kohr nur drei Spieler zur Verfügung stehen. Rode ist zudem verletzungsanfällig, Kohr hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Bleiben noch Jonathan de Guzman, der in der Vorrunde aber permanent verletzt war, auch nicht mehr der Jüngste und ohnehin ein Wechselkandidat ist, er würde seine Karriere gerne in den USA ausklingen lassen. Und Makoto Hasebe, der mit 36 aber nicht mehr permanent im Mittelfeld wird spielen können.
Eintracht Frankfurt bevorzugt eine Leihe
Die Kunst ist natürlich, Spieler zu finden, die weiterhelfen, aber auch bezahlbar sind. Das ist im Winter kompliziert, daher strebt der Klub generell ein Leihgeschäft mit anschließender Kaufoption an. Und die Eintracht sollte, auch wenn das Sportchef Bobic anders artikuliert hat, schauen, ob sie vielleicht nicht doch einen Offensivspieler holen kann, der entweder mehr Dynamik oder mehr Finesse und Kreativität ins Spiel bringt. Wird schwierig, klar, aber leicht kann ja jeder.
Von Ingo Durstewitz
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