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Die Eintracht stößt an ihre Grenze

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Von: Thomas Kilchenstein, Ingo Durstewitz, Daniel Schmitt

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Kein Durchkommen: Mario Götze (rechts) wird von Amir Rrahmani aufgehalten.
Kein Durchkommen: Mario Götze (rechts) wird von Amir Rrahmani aufgehalten. © AFP

Frankfurter Europa-League-Sieger ist im Achtelfinale gegen SSC Neapel chancenlos und steht nach der 0:2-Niederlage vor dem Aus.

Frankfurt – Zugegeben, der weiße Konfettiregen und ein paar rote Fackeln konnten die ausgefallene Choreo nicht so ganz ersetzen, doch arg stimmungsvoll war es am Dienstagabend trotzdem im Waldstadion. War ja klar, es stand ein historischer Abend auf dem Fußballprogramm, selbst wenn der geschichtsträchtige Superlativ vielleicht etwas inflationär verwendet wird. Doch ein Achtelfinale in der Champions League wurde in Frankfurt eben noch nie ausgespielt, das sollte ausgiebig bejubelt werden. Wurde es auch. Lange Zeit zumindest. Und zum Schluss sangen die Fans noch mal lauter, fast schon trotzig laut.

Unglücklicherweise konnte die gastgebende Eintracht mit dem prachtvollen Rahmen nicht mithalten, sie mühte sich redlich und mit allem, was sie im Tank hatte, doch am Ende stießen die Hessen gegen den SSC Neapel deutlich an ihre Grenzen. Am Ende fielen sie fast schon auseinander. Da waren sie auch nur noch zu zehnt. Nach der verdienten 0:2 (0:1)-Heimniederlage vor 47 000 Zuschauenden stehen die Frankfurter in der Königsklasse bei ihrer ersten Teilnahme vor dem Aus. Im Rückspiel am 15. März müsste die Eintracht über sich hinauswachsen, eine heroische Leistung bringen und alles Glück der Welt auf sich vereinen, um den K.o. noch abzuwenden. Das alles ist nicht zu erwarten.

Eintracht Frankfurt Randal Kolo Muani sieht Rot

Zumal sie auch noch ohne einen ihrer besten Spieler auskommen muss. Stürmerstar Randal Kolo Muani sah im zweiten Abschnitt nach einem Foul die Rote Karte und wird am Vesuv fehlen.

Die Eintracht hat an diesem Dienstagabend ihren Meister gefunden und ganz viel Lehrgeld bezahlt. Der SSC Neapel war eine Nummer zu groß, reifer, abgezockter, einfach besser. Das muss jeder Frankfurter neidlos anerkennen. Die Italiener beeindruckten durch Coolness, Cleverness, Tempo – und ganz viel Klasse. Man bekam einen ungefähren Eindruck davon, weshalb das Team aus dem Süden die italienische Liga mit satten 15 Punkten vor Inter Mailand anführt.

Eintracht-Trainer Oliver Glasner hatte die zu erwartende Formation ins Rennen geschickt, also mit Kristijan Jakic (und nicht Makoto Hasebe) als Libero und Aurelio Buta (und nicht Ansgar Knauff) als rechtes Glied der Fünferkette. Ob gerade der Wechsel von Knauff zu Buta eine so gut Idee war, lässt sich im Nachhinein zumindest mal in Zweifel ziehen. Denn der Rechtsverteidiger hatte alle Mühe in der Defensive. Das war vielleicht zu erwarten, weil der Portugiese ausgerechnet gegen den besten Neapolitaner antreten musste, gegen den spielfreudigen Khvicha Kvaratskhelia. Doch dass er gleich in so viele Verlegenheiten stolpern würde, stand gewiss nicht auf dem Plan.

Eintracht Frankfurt mit gutem Start

Dabei ließ es sich für die Eintracht sehr manierlich an, offenbar war sie gewillt, den Italienern zu zeigen, dass sich nicht zufälligerweise die K.o-Runde erreicht hatte und auch vor dem unangefochtenen Klassenprimus der Serie A nicht kuschen würde. Jesper Lindström, der schmächtige Frechdachs, hatte (nur) zu Beginn richtig Lust auf das Spiel, er drehte mit seinem Tempo ganz schön am Schwungrad. Nach fünf Minuten schon sprintete er der SSC-Abwehr davon, passte aber zu ungenau. Nur Sekunden später verzog Randal Kolo Muani knapp. Ein verheißungsvoller Beginn allemal.

Die Italiener aber blieben bei sich und ganz lässig, der erste Frankfurter Wirbel schien sie nicht sonderlich zu beeindrucken. Nach und nach arbeiteten sie sich in die Partie hinein und näherten sich dem Eintracht-Tor. Keeper Kevin Trapp musste mal hier eingreifen und mal dort, etwa einen Schuss von Kvaratskhelia entschärfen. Da waren 20 Minuten gespielt. Und die Spielkontrolle sollten die Südeuropäer nicht mehr aus der Hand geben. Der Eintracht wurde fortan deutlich die Grenzen aufgezeigt, sie kamen mit der Physis und vor allem dem Tempo der Gäste nicht zurecht, das ging alles eine Nummer zu schnell. Mindestens.

Hirving Lozano war nach 34 Minuten noch gnädig, sein Schuss klatschte gegen den Pfosten, doch nur ein paar Sekunden später trat Verteidiger Buta Stürmerstar Victor Osimhen äußerst tölpelhaft in die Beine, im Strafraum auch noch. Elfmeter. Den aber hielt der starke Kevin Trapp, kratzte den halbhohen Schuss von Kvaratskhelia von der Linie (36.). Das Stadion verwandelte sich in ein Tollhaus, es war ohrenbetäubend laut. Die Initialzündung für die Eintracht? Mitnichten.

Mario Götze nicht in Form

Offensivspieler Mario Götze, der einen rabenschwarzen Tag erwischt hatte, spielte unbedrängt einen leichten Fehlpass, und vorne ging bei Neapel ordentlich die Post ab: Lozano zu schnell für Evan Ndicka und in der Mitte verwertet Torjäger Osimhen (40.). Der Anfang vom Ende für die Eintracht.

Denn die Neapolitaner spielten fortan ihre ganze Klasse aus, ließen die Platzherren richtig alt aussehen. Das war schon teilweise ein Klassenunterschied. Kurz nach dem Seitenwechsel hielt Schlussmann Trapp sein Team noch im Rennen, als er gegen den durchgebrochenen Kvaratskhelia rettete (56.), doch dann nahm das Unheil seinen Lauf.

Nach einer knappen Stunde war die Partie dann endgültig – und wahrscheinlich das Aus besiegelt. Denn da legte sich Angreifer Kolo Muani den Ball zu weit vor, versuchte ihn mit dem langen Bein zurückzuholen, traf aber Gegenspieler Zambo Anguissa mit offener Sohle am Knöchel. Schiedsrichter Artur Soares Dias, der in unmittelbarer Nähe stand, griff sofort an die Hosentasche und nestelte die Rote Karte heraus. Eine vertretbare, aber harte Entscheidung.

Für die Eintracht hatte diese Hinausstellung unmittelbare und mittelbare Folgen. Denn nur wenige Minuten später machte Giovanni di Lorenzo den Deckel drauf auf die Partie, 0:2 nach 65 Minuten. Die Entscheidung, nicht nur des Spiels, mit einiger Sicherheit auch des Gesamtduells. Denn ohne Kolo Muani zwei Tore in Neapel aufzuholen, scheint ein Ding der Unmöglichkeit. Da bräuchten die Frankfurter schon ein mittelgroßes Wunder. Die gibt‘s aber nicht immer wieder. (Ingo Durstewitz, Thomas Kilchenstein, Daniel Schmitt)

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