Eintracht Frankfurts schwarzer Nachmittag - auch mit den Neuen

Bei Neuzugang Djibril Sow läuft in Augsburg nichts zusammen – Kollege André Silva zeigt zumindest Ansätze.
Einmal, Mitte der ersten Halbzeit, setzte der eine Neue den anderen Neuen ganz gekonnt in Szene. Eintracht-Stürmer André Silva hatte am rechten Flügel den Augsburger Verteidiger Tin Jadevaj zu einem Tänzchen gebeten und ihn prompt verladen, der elegante Portugiese behielt die Übersicht und legte in den Rückraum ab, wo Djibril Sow heraneilte, der andere Neue, aber nicht entschlossen und schnell genug auf den Ball ging, so dass der zurückgeeilte Alfred Finnbogason noch dazwischen stochern und entscheidend stören konnte. Sows Schuss ging weit am Tor vorbei, und auch sein Protest, wonach er regelwidrig bedrängt worden sei, fiel eher halbherzig aus und verpuffte im Nichts. Es war eine symptomatische Szene für das Spiel des Mittelfeldmannes, dem 22-Jährigen wollte an diesem Nachmittag in der Augsburger Puppenkiste nichts, aber auch gar nichts gelingen.
Nach 45 holprigen Minuten hatte Trainer Adi Hütter ein Einsehen und erlöste den Schweizer Nationalspieler, für ihn kam der rustikale Dominik Kohr, der keine Anlaufzeit brauchte, dem Spiel eine andere Note gab und ganz sicher einer der Besseren im hessischen Ensemble war. Kohr bereicherte die Partie durch Präsenz und Klarheit, all das, was Sow fehlte. Der Zugang von Young Boys Bern, zehn Millionen Euro schwer, brachte im gesamten ersten Durchgang nur wenige Pässe zum eigenen Mann, sein Spiel war fehlerbehaftet, merkwürdig fahrig.
Adi Hütter nimmt seinen Zögling Sow in Schutz
Coach Hütter, der den talentierten Mann schon in der Schweiz unter seinen Fittichen hatte und als Ziehvater gilt, war verständlicherweise eifrig darum bemüht, den matten Auftritt nicht zu dramatisieren und nüchtern einzuordnen. Es sei „Schwachsinn“, einen Spieler herauszupicken und eine Niederlage an ihm festzumachen. Das ist korrekt, wollte aber auch niemand machen. Hütter räumte schließlich ein, dass sich der junge Mann „sein Debüt anders vorgestellt hat.“ Aber man müsse nachsichtig sein, Sow sei aus einer zweimonatigen Verletzungspause gekommen und man habe eine gewisse „Nervosität“ spüren können. Die kann schon mal den Kopf und auch die Beine lähmen.
Sow, das ist klar, kann es besser, er hat ein hervorragendes Testspiel gegen Chemie Leipzig absolviert und auch auf dem Übungsareal überzeugende Leistungen abgerufen. „Er hat die ganze Woche super trainiert“, sagt Hütter, der das Gefühl hatte, dass das Augsburg-Spiel der geeignete Zeitpunkt war, um dem eigentlich so dynamischen Mittelfeldantreiber zu seinem Startelfdebüt zu verhelfen. Für die große Europa-League-Partie am Donnerstag gegen den FC Arsenal oder das Schlagerspiel in der Bundesliga am Sonntag gegen Borussia Dortmund ist der Schweizer offenbar gar nicht eingeplant, weil diese Aufgaben für ihn noch zu früh kommen.
Andre Silva: Der Portugiese braucht noch Zeit
Hütter verwies auch darauf, dass der Kader nun zwar die Tiefe habe, die man für die vielen Begegnungen benötige, doch um zu rotieren, müssten die Akteure auch auf einem entsprechenden Level sein. „Die Jungs brauchen Spielpraxis, die bekommen sie aber nur, wenn sie spielen“, sagt der Coach. Klingt logisch. Sow ist natürlich nicht in Ungnade gefallen, er wird von Hütter weiter aufgebaut und sukzessive herangeführt. Sehr wahrscheinlich geht es aber nicht so schnell wie erhofft.
Ein bisschen Zeit, um sich vollständig zu akklimatisieren, wird auch Angreifer André Silva benötigen. Der 23-Jährige hat, im Gegensatz zu Kollege Sow, aber sehr wohl angedeutet, dass er die gewünschte Verstärkung sein kann. Sein fußballerisches Potenzial blitzte immer wieder mal auf, der Stürmer, 1,84 Meter groß, ist ein geschmeidiger Spieler, technisch beschlagen, das eine oder andere nette Dribbling streute er ein, siebenmal schoss er aufs Tor, so richtig gefährlich wurde es aber nur allzu selten, ein Schuss ging ans Außennetz, eher für die Galerie war sein akrobatischer Fallrückzieher. „Ich bin nicht zufrieden“, sagte er nach dem Abpfiff. Weder mit seiner Vorstellung noch mit der der Mannschaft, denn: „Wir haben verloren.“ Mit den Anforderungen auf dem Platz sei er aber zurechtgekommen, er habe sich in der Vergangenheit einige Bundesligaspiele angesehen, er war vorbereitet auf das, was ihn erwartete. „Ich habe es mir so vorgestellt, das ist kein Problem für mich.“
Goncalo Paciencia erhält den Vorzug vor Bas Dost
Die Frage, für was genau der portugiesische Nationalspieler steht, lässt sich freilich noch nicht abschließend beantworten. In Augsburg machte er ganz hübsche Sachen, verlor aber auch so manchen Ball, ihm fehlte die letzte Durchschlagskraft und der Punch, in wirklich gefährliche Abschlusssituationen kam die Leihgabe des AC Mailand kaum. Im zweiten Abschnitt ließ er sich auch häufiger mal fallen, um das Spiel selbst zu öffnen.
Effizienter war auch am Samstag sein Landsmann Goncalo Paciencia, der Pech bei einem „Stangenschuss“ (Adi Hütter) hatte, aber in der Schlussphase mit dem Anschlusstreffer die Hoffnung auf einen Punkt am Leben hielt (73.). Es war bereits sein dritter Bundesligatreffer und sein insgesamt sechstes Pflichtspieltor in dieser Saison, in der Liga war er nur an einem Tor, dem ersten gegen Hoffenheim durch Martin Hinteregger, nicht beteiligt.
Paciencia erhielt den Vorzug vor Bas Dost, und für Trainer Hütter stand nie zur Debatte, Paciencia nicht spielen zu lassen. Wer so viele Treffer erzielt, der müsse auflaufen, „der hat es sich verdient“. Bas Dost im Übrigen ist noch nicht so weit, „die anderen stehen mehr im Saft“, begründet der Fußballlehrer. Dem Niederländer fehle die Spielpraxis, „Power und Physis“ seien noch nicht so ausgeprägt wie gewünscht. „Wir werden sehr behutsam mit ihm arbeiten“, kündigt Hütter an, der von dem Lissabonner Zugang grundsätzlich überzeugt ist: „An ihm werden wir noch viel Freude haben.“ Nur jetzt in Augsburg erst mal noch nicht.
Von Ingo Durstewitz und Daniel Schmitt