Eintracht Frankfurt mit goldenen Aussichten in die Länderspielpause
Die Frankfurter Eintracht untermauert mit einem 5:2- Erfolg über Union Berlin ihre Ambitionen auf den ganz großen Coup.
- Eintracht Frankfurt besiegt am 26. Spieltag der Fußball-Bundesliga Union Berlin.
- SGE-Trainer Adi Hütter ist trotzdem nicht ganz zufrieden.
- Die Hessen befinden sich zur Länderspielpause in einer komfortablen Lage.
Frankfurt - Es sagt eine Menge über Qualität und Einstellung dieser Frankfurter Mannschaft aus, wenn nach einem ziemlich deutlichen 5:2 (4:2)-Erfolg über eine als „sehr, sehr unangenehm“ eingeschätzte Mannschaft wie Union Berlin allenthalben das Haar in die Suppe gesucht und gefunden wird. Es sei „nicht alles Gold, was glänzte“, krittelte etwa Trainer Adi Hütter, er habe „auch viele Fehler“ gesehen, Mittelfeldrackerer Sebastian Rode räumte ein, „einen Ticken zu hoch“ gewonnen zu haben, sein kongenialer Partner Djibril Sow monierte eine gewisse „Passivität“ im zweiten Abschnitt, diese müsse man dringend ablegen, sonst drohe demnächst Ungemach.
Ja, sind sie denn in Frankfurt nie zufrieden?
Eintracht Frankfurt: Meckern auf hohem Niveau
Doch, natürlich, das sind sie. Es gibt ja im Kern auch wenig zu kritisieren, und wenn, dann auf sehr hohem Niveau. Platz vier in der Tabelle, mit 47 Zählern und den drittmeisten Toren auf bestem Weg, die Rekordmarke der jüngeren Vergangenheit von 54 Punkten (aus der Saison 2018/19) zu knacken, dazu vier Punkte Vorsprung auf den ärgsten Verfolger im Kampf um einen Champions League-Platz und fünf Tore gegen die bis dato drittbeste Hintermannschaft der Liga zu erzielen, was „ich mir vorher nicht erträumt“ hätte, wie Adi Hütter meinte - das ist alles schon ziemlich beeindruckend. „Das war“, fasste der bald scheidende Sportvorstand Fredi Bobic diese rassigen, aufregenden, teilweise wilden 90 Minuten trefflich zusammen, „ein Spiel für Europa“. Stolze neun Punkte ist der Speckgürtel dick, den Eintracht Frankfurt zwischen sich und Tabellenplatz sieben geschnallt hat. Conference League, Europa League oder Champions League - das ist noch die Frage.

Natürlich profitierten die Frankfurter in ganz erheblichem Maße an diesem Samstag von sechs außergewöhnlichen Minuten, in denen sie zwischen der 36. und 41. Minute drei Treffer erzielten, erst düpierte Robert Andrich mit einem selten gesehenen Eigentor die eigenen Farben, dann schraubten Filip Kostic (39.) und André Silva (41.) nach wunderschönen, technisch sehr ansprechenden Kombinationen über mehrere Stationen das Ergebnis in unerwartete Höhen. Gerade in dieser Phase, da Union, wie deren Trainer Urs Fischer sagte, „den Kopf verloren hatte“, zelebrierten die Hessen geradezu einen hochattraktiven Fußball, schnell, direkt, verschnörkelt, aber auch effizient, „toll“, schwärmte Hütter.
Eintracht Frankfurt: Seltsame Entscheidung des Schiedsrichters
Längst verraucht war da der Ärger über das Berliner 1:1, das Max Kruse (7.) erzielt hatte und das eigentlich nicht hätte zählen dürfen, weil sich vorher die Stollen von Julian Ryerson in den linken Oberschenkel von Makoto Hasebe gebohrt hatten. Warum im Kölner Keller nicht reagiert wurde, warum Schiedsrichter Markus Schmidt sich diese strittige Szene nicht noch einmal angesehen hatte, blieben ein Geheimnis. Zumal er ja die blutigen Striemen bei Hasebe gesehen hatte, der lange behandelt werden musste. In der Halbzeitpause habe Schiri Schmidt laut Torwart Kevin Trapp schon eingeräumt, er habe die Aktion als „klares Foul“ wahrgenommen, er habe sie sich nicht noch einmal angeschaut, weil sie in Köln lediglich gesagt haben sollen: „Ähm, vielleicht“. Seltsam allemal.
Am Ende spielte diese Fehlentscheidung keine Rolle mehr, die Eintracht hatte ihre Angelegenheiten in der Folge auf dem Platz geregelt, selbst wenn sie nach Kruses zweitem Treffer, unmittelbar vor der Pause und dadurch „unnötig“ (Trapp), in der zweiten, schwächeren Halbzeit zuweilen noch einmal in die Bredouille geraten war. „Da haben wir den einen oder anderen Schritt zu wenig getan“, resümierte der Frankfurter Schlussmann, der mit einigen wichtigen Paraden - bei insgesamt 25 Berliner Torschüssen - Schlimmers verhinderte. Rode vermisste in dieser Phase die erforderliche „Souveränität“. Erst der eingewechselte Timothy Chandler setzte in der Nachspielzeit mit dem 5:2 den Schlusspunkt, so dass diese Partie so enden konnte wie sie begonnen hatte - mit einem Tor: Das 1:0 hatte Knipser André Silva schon nach zwei Minuten markiert.
Eintracht Frankfurt in komfortabler Lage
Der spektakuläre Erfolg gegen Union Berlin, der erste nach drei sieglosen Partien, hat Eintracht Frankfurt, acht Spieltage vor Schluss und vor einem Länderspielwochenende, in eine recht komfortable Lage versetzt. „Der Sieg wird uns Elan geben“, vermutet Djibril Sow, der erneut eine bärenstarke Leistung abrief und gerade in der Anfangsphase als „zweiter Torwart“ zwei brenzlige Situationen auf der eigenen Torlinie bereinigte. Durch diesen Sieg, fand auch Trainer Hütter, habe man das Remis von Leipzig von vergangener Woche „vergoldet“.
Vor allem: Die Eintracht fährt nun in zwei Wochen „mit einer gewissen Ruhe“ (Hütter) ins nächste Endspiel um die Königsklasse, am Ostersamstag gastieren die Hessen bei Borussia Dortmund. Es ist ein Spiel gegen den direkten Konkurrenten, einen Konkurrenten, der auf dem Durchmarsch schien und doch an diesem Wochenende nur mühsam ein Remis gegen den 1. FC Köln schaffte. „Wenn sie müssen, sind sie gefährlicher“, sagte Hütter über den BVB. Das empfindet er aber als kleinen Vorteil: „Wir wollen, wir können vielleicht auch, aber wir müssen nicht. Den Druck haben die anderen.“
Bis zum nächsten richtungsweisenden Spiel freilich ist viel Zeit, Zeit, in der es ziemlich einsam werden dürfte auf dem Trainingsgelände im Stadtwald. Viel mehr als acht Profis werden nicht in Frankfurt bleiben, alle anderen sind auf Dienstreisen mit ihren Ländermannschaften oder verletzt. Deswegen haben die Frankfurter auch ein für diese Woche geplantes Testspiel mangels Personal abgesagt. Jetzt müssen die Reisenden vor „dem Monat der Wahrheit“ nur noch unversehrt zurückkommen – weder verletzt noch infiziert. (Ingo Durstewitz und Thomas Kilchenstein)