Eintracht-Gegner: Neapel wie aus einem Guss
Italiens Tabellenführer SSC Neapel besticht beim 2:0-Sieg bei Eintracht Frankfurt durch Homogenität, individuelle Qualität und einen coolen Trainer.
Frankfurt – Es gibt nicht viele Trainer, schon gar nicht in der Champions League, die heutzutage während eines Spiels noch gute alte Fußballschuhe tragen. Luciano Spalletti gehört dieser Gattung an. Der Coach des SSC Neapel schnürt also die guten alten Copa Mundial an die Füße, schwarze Treter mit Noppen, und wickelt die Senkel um seine Knöchel, die graue Hose aus Ballonseide rundet das Bild des Fußballarbeiters ab. Und auch in der verbalen Nachlese kommt er herrlich unprätentiös daher, der coole Typ mit der Glatze.
Nach dem beeindruckenden 2:0-Erfolg seiner Mannschaft im Achtelfinalhinspiel der Königsklasse bei Eintracht Frankfurt dozierte er im Keller der Arena rund 20 Minuten über das Spiel, das nahe an der Perfektion war. Der erfahrene Trainer, fast 64, weiß das, doch er gefällt sich in der Rolle des Mahners. „Wir sollten jetzt alle ruhig bleiben, ganz ruhig bleiben“, sagte er mit einiger Emphase.
Schweres Rückspiel für Eintracht Frankfurt in Neapel
Natürlich habe sein Team einen guten Job gemacht und eine herausragend gute Ausgangsposition fürs Rückspiel im Maradona-Stadion geschaffen. Doch den zweiten Schritt solle man besser nicht vor den ersten setzen. „Die Arroganz ist unser ärgster Gegner. Hochmut ist der größte Feind“, bekundet der Fußballlehrer. „Es ist noch alles offen, nichts ist sicher. Deswegen bin ich glücklich, aber ich lächele noch nicht.“

Doch es müsste schon mit dem Teufel zugehen, sollten sich die Süditaliener am 15. März noch die Butter vom Brot nehmen lassen. Was sie in Frankfurt zeigten, war eine in höchstem Maße eindrucksvolle Vorstellung. Napoli, in der heimischen Liga 15 Punkte vorn (was nach diesem Auftritt auch hierzulande niemanden mehr verwundert), spielte mit scharfer Präzision und erstaunlichem Tempo, auch in puncto Handlungsschnelligkeit war das Team der Eintracht überlegen. Die Mannschaft ist eingespielt, wie ein Uhrwerk, alles funktioniert, das Verständnis ist fast ein blindes. Für die sich wacker wehrenden Frankfurter ging alles zu schnell, das war eine Nummer zu groß.
Eintracht Frankfurts Champions-League-Gegner: Napoli, eine Augenweide
Alle statistischen Erhebungen sprechen klar für die Italiener. Torschüsse: 18:5, Ballbesitz: 70:30 Prozent, Pässe: 719:298, Zweikampfquote: 55:45 Prozent. Es war ein hochverdienter Sieg auf allen Ebenen. „Wir hatten keine leichten Ballverluste und haben sie so lange laufen lassen, bis ihr Tank leer war“, analysierte Spalletti zufrieden. „Es gibt nichts zu meckern, auch wenn wir Chancen für mehr Tore hatten. Aber es ist okay, wie es ist.“
Die Neapolitaner bei der Fußarbeit zu bestaunen, war eine Augenweide: Das Tempo und die Torgefahr des Stürmerstars Victor Osimhen, die Spielintelligenz eines Khvicha Kvaratskhelia, die Abfangkünste des Kameruners Zambo Anguissa, die Sprinterqualitäten des Mexikaners Hirving Lozano, der die deutsche Nationalelf bei der WM in Russland 2018 schon fast im Alleingang besiegte. Und hinten drin steht ein 1,90 Meter großer Südkoreaner, der keinen Zweikampf verliert und das Spiel hervorragend eröffnet. Min-Jae Kim spielte am Dienstabend 132 Pässe – mehr als das gesamte Eintracht-Mittelfeld samt Offensive zusammen. Chapeau, die Herren. (Thomas Kilchenstein, Ingo Durstewitz)