Eintracht Frankfurt: Glasners Plan für die Europa League

Eintracht-Trainer Oliver Glasner sieht große Fortschritte und will auch in Istanbul auf Sieg spielen, selbst wenn ein Remis freie Fahrt ins Achtelfinale bedeutet.
Frankfurt am Main - Dieser Tage hat sich Eintracht Frankfurt im Herzen von Europa mal wieder ins Kino verzogen und eine Wiederholung geschaut. Natürlich ein Fußballspiel, das erste Gruppenspiel in dieser Europa-League-Saison, Mitte September war das, und es spielte derselbe Gegner wie jetzt in Kadiköy, Fenerbahce Istanbul. Ganz zum Schluss flimmerte dann die entscheidende Szene über den Bildschirm: Kevin Trapp foult in der Schlussminute Dimitris Pelkas, es gibt Strafstoß, der Gefoulte, kurz zuvor eingewechselt, schießt selbst, Trapp wehrt ab, nicht weit genug, Mergim Berisha staubt ab – doch der VAR nimmt den Treffer zum vermeintlichen 2:1 zurück, Schütze Berisha war zu früh in den Strafraum gelaufen.
Da hatten die Frankfurter Fortuna auf ihrer Seite. Hätte das Tor gegolten, wäre die Partie ein echtes Spitzenspiel um das Weiterkommen geworden, so sind die Hessen schon qualifiziert, ein einziger Zähler würde zudem den angestrebten und sehr lukrativen Gruppensieg bedeuten; die Türken bleiben Dritter, einerlei, wie die Partie ausgeht.
Eintracht-Trainer Oliver Glasner lobt Stabilität
Aber natürlich hat Trainer Oliver Glasner den 90-minütigen Streifen auch deswegen laufen lassen, um zu verdeutlichen, dass die Eintracht aus dem September längst nicht mehr mit jener aus dem Dezember zu vergleichen ist. „Wir treten jetzt deutlich stabiler und besser als Mannschaft auf als damals.“ Die zwei, drei Monate, die zwischen diesen beiden Begegnungen lagen, habe man klug genutzt, die Abläufe seien viel klarer, die Zeit „hat uns weitergebracht“, man habe Fortschritte erzielt, findet der Fußballlehrer, vor allem im Spiel nach vorne agiere man mittlerweile viel besser, strukturierter. In eine ähnliche Kerbe hieb auch Torwart Kevin Trapp, der seit Wochen im Übrigen ebenfalls deutlich stärker spielt als im September: „Man merkt, dass die Mannschaft ein ganz anderes Grundverständnis hat.“
Sie wisse inzwischen längst, was zu tun ist, um erfolgreich zu spielen, vor allem: „Wir müssen nicht mehr nachdenken, was zu tun ist. Vieles geht jetzt einfacher, aus der Intuition heraus.“ Wie es aussieht, hat das Team langsam verinnerlicht, was Oliver Glasner vorhat, schleifen sich Automatismen, Abläufe und Laufwege ein. Dieser Erkenntnisgewinn schlägt sich denn auch in erfolgreicheren Auftritten nieder. Selbst die jüngste Niederlage – nach sechs erfolgreichen Spielen – gegen die TSG Hoffenheim werfe eine Frankfurter Mannschaft nicht um, man wisse ja, dass „wir es lange Zeit ordentlich gemacht haben“, lobt Glasner sacht.
Eintracht Frankfurt: Nicht abwartend agieren
Insofern gebe es auch gar keinen Grund, von dieser endlich gefundenen Linie abzuweichen. Auch in das letzte Spiel in dieser Gruppe D schickt Glasner seine Mannschaft mit der klaren Order, die Partie zu gewinnen. „Wir werden nicht abwartend reagieren.“ Auf unentschieden zu spielen, berge immer das Risiko zu scheitern. „Dann läufst du Gefahr, einen Schritt weniger zu machen. Weil du glaubst, du musst nicht alles dafür geben, um das Spiel zu gewinnen“, sagt Kevin Trapp, einer der ganz erfahrenen Spieler im Team. Auch der Hexenkessel in Istanbul, wo „fanatisierte Fans wohl für eine unfassbare Stimmung“ sorgen werden, bringt den 31 Jahre alten Nationaltorwart nicht aus der Ruhe. „Das ist nichts, was uns nervös machen würde.“ Ohnehin ist nicht sicher, ob das 50 000 Fans fassende Sükrü-Saracoglu-Stadion ausverkauft sein wird.
Dessen ungeachtet und auch weil der ganz große Druck nicht mehr auf Eintracht Frankfurt lastet, hat Trainer Glasner noch einmal die Sinne schärfen wollen. Ihm werde viel zu viel über den einen noch fehlenden Punkt geredet.
Eintracht Frankfurt überwintert in Europa
„Das ist der völlig falsche Ansatz“, sagte der Österreicher kurz vor dem Abflug nach Istanbul. Man müsse sich viel mehr damit auseinandersetzen, wie man eine vernünftige Leistung auf dem Platz bringe, wie man sich besser verhalte als zuletzt in Hoffenheim, „statt mit dem Rechenschieber im Flugzeug zu sitzen und zu überlegen, was wäre wenn“. Allerdings kann auch Oliver Glasner nicht wegdiskutieren, dass Eintracht Frankfurt lediglich bei einer Ergebniskonstellation (von zwölf denkbaren) nicht direkt ins Achtelfinale einziehen würde, das Mitte März ausgespielt wird: und zwar nur dann, wenn man selbst die Partie verliert und der Tabellenzweite Olympiakos Piräus sein Duell beim Gruppenletzten Royal Antwerpen gewinnt. Alle anderen Optionen würden den Hessen den Weg ins Achtelfinale ohne Umweg ermöglichen. „Das wäre der krönende Lohn für unsere Arbeit“, bekundet Kevin Trapp, der ohnehin findet, „stolz“ sein zu dürfen, „auf das, was wir bisher geleistet haben“.
Das Überwintern in der Europa League ist also seit dem Last-Minute-Sieg in Piräus abgesichert, der erste Matchball – zu Hause gegen Antwerpen – wurde aber bereits vergeben, „der Doppelfehler ist begangen, der nächste Aufschlag folgt“, sagt Glasner. Sollten die Frankfurter tatsächlich von den Griechen als Gruppenerster verdrängt werden, würden im Sechzehntelfinale Mitte Februar Dritte aus der Champions League warten, Kracher vermutlich vom Kaliber FC Porto oder Zenit St. Petersburg, Benfica Lissabon oder sogar FC Barcelona.
„Bisher spielen wir eine sehr, sehr gute internationale Saison“, sagt Glasner, der auch schon einen kleinen Blick in Richtung 2022 wagte. „Ganz klar ist: In K.-o.-Duellen gibt es immer nur ein Ziel, und das ist das Weiterkommen. Am besten endet es mit dem Pokal in der Hand.“
Jesper Lindström bei der SGE fällt aus
Personell muss der 47 Jahre alte Fußballlehrer auf Offensivmann Jesper Lindström verzichten, der mit Oberschenkelproblemen zu kämpfen hat, just zu einem Zeitpunkt, da sich das dänische Leichtgewicht in der ersten Elf festgespielt und sogar ein, zwei Kilogramm mehr an Muskelmasse aufgebaut hat. Manches spricht dafür, dass Jens Petter Hauge für ihn in der Startelf steht. Kapitän Sebastian Rode dürfte als Joker eingesetzt werden. Ob der zuletzt nicht von Anfang an berücksichtigte Martin Hinteregger anfängt, ließ Glasner offen.
Aber nicht, ob einer seiner Spieler mit einer Sonderaufgabe gegen den „Weltklassespieler“ Mesut Özil betraut wird. „Wir werden nicht einen Spieler abstellen, der sich vielleicht auch noch neben ihn auf die Bank setzt – das wäre Blödsinn.“ Im Grunde ist es Glasner aber „eigentlich wurscht“, wer sich um Özil kümmert. Hauptsache, er trifft nicht ins Tor – so wie im Kinofilm. (Thomas Kilchenstein)