Umstrittener Polizeieinsatz: Land Hessen muss Schmerzensgeld an Eintracht-Fan zahlen

Richter sieht Amtspflichtverletzung bei Polizeieinsatz im Stadion. Womöglich doch noch gütliche Einigung.
- Umstrittener Polizeieinsatz bei Spiel von Eintracht Frankfurt
- Land Hessen nicht zu Vergleich bereit
- Fan von Eintracht Frankfurt bekommt Schmerzensgeld zugesprochen
Frankfurt - Nach einem umstrittenen Polizeieinsatz vor dem Europapokalspiel Eintracht Frankfurt – Schachtjor Donezk muss das Land Hessen einem Fan Schmerzensgeld zahlen. Zwei Polizisten hatten einen Fan im Innenraum des Stadions über eine Werbebande geschubst. Der Fan, der am Tag des Spiels in der Aufbaucrew für die Choreo war, erlitt dabei einen Lendenwirbelbruch und klagte vor dem Landgericht Frankfurt gegen das Land Hessen auf Schmerzensgeld.
Nach der Beweisaufnahme am Mittwoch sagte Richter Florian Günthner: „Es gab keinen Grund für die drastische Maßnahme. Das Land Hessen wird wegen Amtspflichtverletzung belangt.“ Dem Kläger stehe somit ein Schmerzensgeld zu.
Eintracht Frankfurt: Land Hessen nicht zu Vergleich bereit
Diese Einschätzung hatte Günthner schon beim ersten Verhandlungstermin Anfang November durchblicken lassen. Da das Land Hessen aber nicht zu einem Vergleich bereit war, ordnete der Einzelrichter eine Beweisaufnahme an. In dieser sahen sich die Prozessbeteiligten sechs Videomitschnitte an, die den Polizeieinsatz am 21. Februar 2019 rund 90 Minuten vor Spielbeginn aus unterschiedlichen Kameraperspektiven zeigen. Zu sehen ist, wie eine Spezialeinheit der Polizei in den Innenraum stürmt und ein Banner konfisziert, das sich gegen Innenminister Peter Beuth richtet. Als die Polizisten mit dem bereits zerfetzten Banner abrücken, zieht der spätere Kläger an dem Banner. Daraufhin schubst ihn ein Beamter Richtung Werbebande und wendet sich dann ab, um gemeinsam mit seiner Einheit den Innenraum des Stadions zu verlassen. Diesen ersten Schubser wertet Richter Günthner noch als verhältnismäßig. Allerdings stoßen zwei nachfolgende Polizisten den schon reglos verharrenden Fan dann noch brachial über die Bande. „Das polizeiliche Handeln muss verhältnismäßig sein“, mahnte Richter Günthner.
Für den Kläger hatte der Vorgang weitreichende Folgen. Er lag längere Zeit im Krankenhaus und bekam starke Schmerzmittel, die wiederum Kreislaufprobleme und Herzrasen verursachten. Über die Höhe des Schmerzensgeldes ist noch nicht entschieden. Das Urteil kündigte Günthner für den 26. Februar an.
Eintracht Frankfurt: Richter regt Vergleich erneut an
Womöglich wird es aber auch gar kein Urteil geben. Denn der Richter regte erneut einen Vergleich an und wies darauf hin, dass ein mögliches Urteil in dem zivilgerichtlichen Verfahren auch die Staatsanwaltschaft interessieren dürfte. Die Anklagebehörde hat ihre Ermittlungen gegen die drei Polizeibeamten und gegen den klagenden Fan noch nicht zum Abschluss gebracht. Im Falle eines zivilgerichtlichen Urteils gegen das Land Hessen stünden die Chancen für die drei Polizisten auf eine Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens vermutlich schlechter, deutete Richter Günthner an.
Die beiden Rechtsanwälte, die das Land Hessen vertreten, gaben am Mittwoch an, bislang keine Ermächtigung für Vergleichsverhandlungen zu haben, ließen aber schon durchblicken, dass sie einer gütlichen Einigung nicht generell abgeneigt wären.
Von Oliver Teutsch
Unterdessen fehlt Simon Falette noch immer die Spielgenehmigung in der Türkei. Eintracht Frankfurt steht vor einem brisanten Duell mit RB Leipzig in der Bundesliga.