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Eintracht Frankfurt: Das Puzzle in der Defensive

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Von: Thomas Kilchenstein

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Leistet sich immer wieder Unkonzentriertheiten: Eintracht-Verteidiger Tuta (links), hier gegen den Leipziger André Silva.
Leistet sich immer wieder Unkonzentriertheiten: Eintracht-Verteidiger Tuta (links), hier gegen den Leipziger André Silva. © dpa

Die Abwehr macht Trainer Oliver Glasner Sorgen dieser Tage. Zu viele Spieler sind nicht gut in Form. Und jetzt fällt auch noch eine tragende Säule aus.

Als vor etwas mehr als zwei Wochen Kritik aufkam am Linksverteidiger Evan Ndicka, der sich ein paar Nachlässigkeiten in seinem Abwehrverhalten geleistet hatte und nicht recht bei der Sache schien, hat sich Oliver Glasner vor seinen Franzosen gestellt. „Wenn jemand gerade hingefallen ist“, sagte der Frankfurter Fußballlehrer, „bin ich derjenige, der ihm die Hand reicht und aufhilft.“ Er halte nichts davon, auf einen offenbar Gestrauchelten noch draufzutreten. Ndicka, 23, bis dato Vielspieler und unangefochtener Stammspieler, erhielt für die kommende Partie gegen den 1. FC Köln vom Coach eine Einsatzgarantie.

Dass dieses Spiel dann mit 0:3 verloren ging, habe nicht an Ndicka gelegen, urteilte die FR im Klassenbuch: „Rechtfertigte das Vertrauen von Trainer Glasner, hochkonzentrierte Leistung, bügelte manch Unzulänglichkeit der Kollegen aus.“ Auch im drauffolgende Spiel gegen Bremen hatte der Franzose mit den harmlosen Angreifern keine Mühe, „scheint seine kleine Krise überwunden zu haben“, schrieb die FR ihm ins Stammbuch. Und Glasner stellte ihn auch im Achtelfinale gegen SSC Neapel. Wie er ihn fast immer aufstellt, in 31 von 33 möglichen Pflichtspielen war der Franzose dabei. Er stellte ihn aber nicht gegen RB Leipzig, just nachdem sich der mit einem ablösefreien Wechsel im Sommer zum FC Barcelona liebäugelnde Ndicka gefangen zu haben schien. Erstaunlich.

Tuta ist verunsichert

Erstaunlich auch, wie nach dem 1:2 in Sachsen sein Vertreter Hrovje Smolcic gelobt wurde, „hervorragend“ habe er seine Sache gemacht, sagte Glasner, Sportvorstand Markus Krösche hob dessen Passsicherheit im Spielaufbau hervor. Dabei war die Leistung des 22 Jahre alten Kroaten bestenfalls durchwachsen.

Wenn es nach der Definition von Oliver Glasner geht, dürfte am kommenden Sonntag (17.30 Uhr/live Dazn) im Lackmustestspiel gegen den VfL Wolfsburg auch ein anderer Wackelkandidat erneut von Beginn an auf dem Rasen stehen: Tuta. Der Brasilianer hat in Leipzig ziemlich neben sich gestanden, er wirkte verunsichert, verschuldete früh ein Gegentor, war ein Sicherheitsrisiko für die ganze Mannschaft. Nicht der erste Aussetzer, den sich Tuta leistet. Er ist im Augenblick nicht in der Form, wie ihn die sportlich Verantwortlichen gerne sehen würden. Ja, er schien schon mal so weit, die Nachfolge von Makoto Hasebe (oder Martin Hinteregger) im zentralen Abwehrverband einzunehmen. Davon ist Glasner aber wieder abgewichen, zu unstet, zu wackelig waren die Leistungen des 23-Jährigen.Und es ist natürlich kein Zufall, dass die größte Frankfurter Baustelle im Moment in der Defensive liegt.

Dass der Coach die Abwehr immer wieder personell umbauen muss, ist sicherlich kein Faktor, der zu mehr Stabilität beiträgt, zeigt aber dessen grundsätzliche Unzufriedenheit mit der defensiven Abteilung, der Achillesferse. Von den ersten sieben Teams der Tabelle hat keines mehr Gegentore (32) kassiert als Eintracht Frankfurt. Zu dieser fehlenden Sattelfestigkeit gesellen sich unschöne Schwächen bei gegnerischen Standards (13 Gegentreffer) und allgemeine Defizite in der Luft bei Kopfballduellen. Die Größten sind die Frankfurter Abwehrrecken nicht. Auch das war ein Grund, weshalb Smolcic ins Team rückte, ihm eilt der Ruf voraus, eine gewisse Kopfballstärke zu besitzen. (Das gilt freilich auch für Ndicka, die besten Kopfballspieler teilen sich eine Position, links hinten.)

Zu dieser ganzen verzwickten Gemengelage kommt hinzu, dass Frankfurts Abräumer Djibril Sow in Wolfsburg aufgrund seiner fünften Gelben Karte gesperrt ist. Eigentlich wäre Kristijan Jakic, gelernter Sechser, erster und logischer Anwärter auf diese Rolle. Doch wird der Kroate nicht doch nötiger in der Innenverteidigung, rechts, benötigt, anstelle von Tuta? Das hat der Defensivallrounder schon öfter gespielt, solide stets, aber mit den bekannten Schwächen im Spiel nach vorne.

Touré ist außen vor

Gar keine Rolle spielt aktuell ein etatmäßiger rechter Verteidiger, Almamy Touré, der in den letzten Wochen, obzwar fit, nicht einmal mehr einen Platz im 20-köpfigen Kader gefunden hat. Zuletzt war er beim Spiel in Freiburg im Mannschaftskreis, danach nicht mehr. Sein letzter Einsatz war Anfang November, da kam er in der letzten Minute im Spiel gegen Hoffenheim ins Team. Touré, oft und lange verletzt, ist nahezu komplett außen vor. Sein im Sommer auslaufender Vertrag wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht verlängert, bei der Eintracht war man auch irritiert über die finanziellen Forderungen, die seine Berateragentur für eine Verlängerung stellte. Insgesamt kommt der Franzose mit malischen Wurzeln in dieser Saison auf gerade mal fünf Einsätze.

Sollte also Jakic tatsächlich für Tuta verteidigen, könnten in der Autostadt Kapitän Sebastian Rode und Daichi Kamada die defensiveren Rollen im Frankfurter Mittelfeld einnehmen. Optimal ist das momentan sicher nicht: Stratege Rode schafft nur noch 60, 65 Minuten, Kamada steckt in einer Schaffenskrise. Bekommt also auch Tuta noch einmal die Hand gereicht? Ein wenig Hirnschmalz wird Oliver Glasner bis Sonntag noch aufbringen müssen.

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