Eintracht Frankfurt: Das Pfeifen am Scheunentor

Die Eintracht muss nach zwei Niederlagen zurückfinden in die Siegesspur - dafür wird die Abwehr beim Spiel in Wolfsburg stabiler stehen müssen.
Selten erlebte man Oliver Glasner derart aufgebracht wie an diesem Tag im vergangenen September, im Grunde nie zuvor und danach in Diensten von Eintracht Frankfurt, nach diesem verkorksten Spiel gegen den VfL Wolfsburg, dem 0:1 im eigenen Stadion, „dem bisherigen Tiefpunkt der Saison“, wie die FR im Anschluss schrieb. Glasner also, der Cheftrainer des hessischen Bundesligisten, versenkte seine Mannschaft verbal noch im Kabinentrakt im Boden und hatte sich auch kurz drauf bei der Analyse während der Pressekonferenz (verständlicherweise) noch nicht eingekriegt. „Langsam, behäbig, null Durchsetzungsvermögen“, krittelte er, und: „Desaströs und katastrophal.“
Im Frühherbst 2022 war ordentlich der Wurm drin beim Europa-League-Sieger, die Erwartungen konnten nicht erfüllt werden, auch hinter den Kulissen rumorte es zwischen Glasner und Sportvorstand Markus Krösche wegen der Kaderzusammensetzung. Ein paar tiefe Risse hatte die vermeintlich heile Welt erlitten, „auch eine Eskalation der Situation ist nicht ausgeschlossen“, hieß es in der FR - mit dem Zusatz: „Sollte sportlich nicht der Turnaround gelingen.“ Er gelang.
Es war dieses Gewitter des Wolfsburg-Spiels, das offenbar reinigende Wirkung entfaltete. Fortan spielte das Team konzentrierter, rückte enger zusammen, siegte. In Marseille, in Stuttgart, gegen Union Berlin. Selbst der Ausrutscher von Bochum (0:3) änderte nichts am grundsätzlichen Weg, der den Klub nach oben und bis zur Winterpause hineinführte in die Champions-League-Ränge.
Eintracht Frankfurt: Trainer Glasner bleibt gelassen
Bald sechs Monate später sind die Frankfurter rausgefallen aus den Königsklassen-Positionen, Sechster ist die Eintracht und reist mit einem Niederlagen-Doppel im Rücken am Sonntag (17.30 Uhr/Dazn) zum Spiel in Wolfsburg.
Oliver Glasner stellte zu Wochenbeginn zwar fest, dass die Pleiten gegen Neapel (0:2) und Leipzig (1:2) Spuren bei den Spielern hinterlassen hätten, „Siege kannst du durch nichts ersetzen“, er wollte die Lage aber auch nicht dramatisieren und lieber richtig eingeordnet wissen. „Wir gehen mit uns am kritischsten um“, begann der Fußballlehrer am Freitag, teilweise sei diese Kritik berechtigt, teilweise aber eben auch etwas überzogen. „Wir haben gegenüber der Mannschaft daher auch positive Aspekte hervorgehoben.“
Gerade die Reaktion auf die schlechte Anfangsphase in Leipzig lobte Glasner, auch stimmte er nicht mit ein in die negative Bewertung der Frankfurter Abwehrabteilung. „Die Defensive hat zuletzt ziemlich auf den Deckel bekommen, aber wir haben heute drei Gegentore weniger als noch in der vergangenen Saison am selben Spieltag.“ Damals war die Eintracht lediglich Zehnter. Auch habe die Mannschaft, so Glasner, in den bisherigen sieben Ligapartien des Kalenderjahres nur sieben Gegentreffer kassiert, also einen pro Partie, was so ziemlich der Optimalvorstellung des Trainers entspricht. Logisch, besser geht’s immer, „aber man muss das alles ins rechte Licht rücken. Es ist jetzt nicht so, dass wir offen sind wie ein Scheunentor und der Wind durchpfeift.“
Eintracht Frankfurt: Bekommt Tuta eine weitere Chance?
Dennoch kommt es ja nicht von ungefähr, dass der Frankfurter Fußballlehrer in den vergangenen Wochen seine abwehrende Dreierreihe recht häufig in der personellen Besetzung veränderte. Zuletzt verdrängte etwa Hrvoje Smolcic die jahrelange Stammkraft Evan Ndicka auf die Bank, dann aber patzte in Leipzig eben dessen Pendant auf rechts, der Brasilianer Tuta.
Ob der 23-Jährige gegen Wolfsburg eine weitere Bewährungschance erhält, ließ Glasner offen, sagte nur, dass Almamy Touré, immerhin Finalspieler im Europapokal auf diesem Posten, nach seiner langen Verletzungspause im vergangenen Jahr noch immer nicht „in die Verfassung gekommen ist, dass ich den Eindruck habe, er sei besser.“ Demnach steht einzig Kristijan Jakic als Alternative zu Tuta parat, der Kroate wie auch Stürmer Randal Kolo Muani meldeten sich nach überstandenen Krankheiten rechtzeitig fit. So werden in der Autostadt nur Rekonvaleszent Eric Dina Ebimbe und der gelbgesperrte Djibril Sow fehlen. Im zentralen Mittelfeld, das gab Glasner bekannt, läuft Kapitän Sebastian Rode an der Seite von Daichi Kamada auf.
Eintracht Frankfurt: Knackpunktspiel in Wolfsburg
Grundsätzlich rechnet der Trainer an alter Wirkungsstätte mit einem „mega-intensiven Spiel“. Die Wölfe, Tabellensiebter und mit fünf Punkten Rückstand auf die Eintracht um Anschluss ans europäische Geschäft bemüht, hätten auf den Außenbahnen wahnsinnig viel Tempo, im Abwehrzentrum eine enorme Größe und alles in allem eine gute Qualität im Team. „Es wird ein richtiger Fight auf uns zukommen“, so Glasner. Mit einem eigenen Sieg könnten die Europapokalplätze ziemlich abgesichert werden.
Dass zuletzt in regelmäßigen Abständen diverse Meldungen über die verschiedensten Vertragskonstellationen von Spielern auftauchten, mögliche Störfaktoren also, hält Glasner für normal, davon solle sich bitte niemand ablenken lassen, habe er den Spielern daher gesagt. Denn: „Wir wissen heute eines ganz sicher, dass wir definitiv noch drei Monate in dieser Gruppe zusammen sind. Nur darüber sollen, wollen und werden wir uns Gedanken machen.“
Es ist angerichtet: Sonntag, 17.30 Uhr, Arena zu Wolfsburg.