Das Niemandsland ist in Sicht für Eintracht Frankfurt

Der Trend spricht klar gegen Eintracht Frankfurt: Der Vorsprung auf die Verfolger ist aufgebraucht.
In der Aufarbeitung des Erlebten am Freitagabend im Frankfurter Stadtwald haben die Fußballtrainer Oliver Glasner und Thomas Letsch ein paar flüssige Doppelpässe gespielt, die ihren Spielern zuvor nicht unbedingt so locker vom Fuß gegangen waren. Nach dem gleichsam nüchternen wie schmucklosen 1:1-Remis hielt der Bochumer Coach Letsch fast schon eine Eloge auf den Kontrahenten. Sein Team, knietief im Abstiegsmorast verhaftet, habe gegen „eine bärenstarke“ Eintracht bravourös gekämpft und das letzte Hemd auf dem Platz gelassen, die Frankfurter Elf habe auf dem Rasen eine „brutale Wucht“ entfaltet, der Punktgewinn „gegen diesen fantastischen Gegner“ sei überaus glücklich.
Bei so vielen Lorbeeren wollte Eintracht-Trainer Glasner nicht zurückstecken und bescheinigte seinem Ensemble gleich mal einen „tollen Auftritt“. Natürlich seien alle „enttäuscht über das Ergebnis“, aber „fußballerisch bin ich sehr zufrieden“, eine „super Absicherung“ gehabt, feine Kombinationen gespielt. Er habe „große Zuversicht“, dass „es sehr, sehr bald“ was werde mit den drei Punkten, „es ist sehr vieles, was in die richtige Richtung geht“. Kann man so sehen, muss man nicht. Das war nämlich, alles in allem, etwas zu dick aufgetragen.
Die ganze Wahrheit ist: Der Eintracht droht nach dem siebten sieglosen Pflichtspiel in Folge der Verlust des Europapokalplatzes – von hinten rollen die Verfolger heran. Nur mal zur Erinnerung: Nach Beendigung der Hinserie lag die Eintracht auf Rang vier, am 21. Spieltag noch rangierte sie acht Punkte vor dem siebten Platz. Dieser Vorsprung ist aufgebraucht. In nur fünf Partien verloren die Hessen zehn Punkte auf Bayer 04 Leverkusen, acht auf Mainz 05 und sechs auf den VfL Wolfsburg. In dieser Verfassung wird die Eintracht den sechsten Platz nicht mehr verteidigen können. Zehn ergatterte Punkte in der Rückrunde sind eines Klubs, der internationale Ambitionen hat, nicht würdig. Das Niemandsland kommt in Sicht.
Schon am Samstag bei den formstarken Leverkusenern droht das Abrutschen ins Mittelfeld. Unterm Bayer-Kreuz gab es für die Frankfurter in den letzten Jahren fast immer Prügel. Die letzten acht Partien gingen dort verloren, zumeist wurde es heftig. „Die letzten Ergebnisse in Leverkusen waren nicht so prickelnd“, flötete Kapitän Sebastian Rode. Oder spricht wirklich etwas für eine Trendwende?
Union als Wendepunkt?
Natürlich hat Coach Glasner in seiner Einschätzung nicht gänzlich Unrecht. Die Leistung gegen den VfL Bochum war vielleicht nicht so rundweg gut wie von ihm beschrieben, aber zumindest manierlich und okay. Das Team drängte auf den Siegtreffer, 19 Abschlüsse standen zu Buche, 15 Ecken (fast allesamt harmlos), mit Wut berannten die Hessen das Tor der Bochumer, doch der Siegtreffer wollte nicht fallen. „In 2023 war das fußballerisch unsere beste Leistung“, sagte Glasner. „Ich mache mir keine Sorgen. Wir sind auf dem richtigen Weg.“ Was zu beweisen wäre.
Denn trotz allem: Der Trend ist nicht der Freund der Eintracht. Wer in Köln verliert und zu Hause gegen Stuttgart und Bochum nicht gewinnen kann, hat ein Problem. Das könnte mehr als „nur eine Phase“ (Sportvorstand Markus Krösche) sein, in der es nicht läuft wie gewünscht.
Doch vielleicht ist es auch einfach so, dass die Mannschaft im Herbst über ihren Verhältnisse gespielt hat und zu viele Akteure ihre Form verloren haben, Daichi Kamada und Mario Götze zuvorderst. Jesper Lindström, ein schneller Unterschiedspieler, fehlt noch länger verletzt, Rafael Borré ist ein Stürmer trauriger Gestalt, der oft falsche Entscheidungen trifft. Und ein Aurelio Buta sollte es irgendwann auch mal schaffen, eine von unzähligen Hereingaben zum eigenen Mann zu bringen und nicht blindlings in die Beine des Gegners zu passen.
Gut für die Frankfurter: Schon am Dienstag (18 Uhr/ZDF) besteht die Möglichkeit, am Turnaround zu arbeiten, dann steht das Pokalviertelfinale gegen Union Berlin an. Das Finale ist nicht weit weg. Und es wäre nicht das erste Mal, dass die Eintracht in der Liga absackt, um in einem anderen Wettbewerb zu reüssieren. Immer klappt das freilich nicht.