Eintracht-Gegner SSC Neapel: Die große Schönheit

Im Jahr 33 nach Maradona erobert die SSC Napoli höchstwahrscheinlich den italienischen Fußballthron - und vielleicht sogar den europäischen.
Frankfurt am Main – Der italienische Filmemacher Paolo Sorrentino ist ein großer Fan von Diego Maradona. Logisch, ist er, der 52-Jährige, doch in Neapel geboren und aufgewachsen und Ende der Achtziger dem argentinischen Fußballidol verfallen. Wie alle in der Stadt am Vesuv. Sorrentino also verliebte sich gar derart in den großen Diego, dass er ihm am Höhepunkt des eigenen Schaffens, bei der Oscar-Verleihung 2013 für den besten ausländischen Film, in seiner Rede noch vor den Eltern dankte. Die Artistik am Ball, die flankierenden Eskapaden, das Gesamtkunstwerk Maradona – ein schier unerschöpflicher Quell an Inspiration für einen Freigeist wie Sorrentino.
Es ist wichtig das zu wissen, weil in Neapel alles wichtig ist, was mit Maradona auch nur im Ansatz zu tun hat. Selbst die Zeitrechnung wird hier ja angepasst, im Jahr 33. n. Mar. leben sie momentan in Neapel, 33 Jahre also nach dem letzten Scudetto der Società Sportiva Calcio Napoli, dem zweiten in der Vereinsgeschichte überhaupt, errungen von, na klar, Diego Maradona.
Nun, 2023, soll sich das ändern, wird sich das (sehr, sehr wahrscheinlich) ändern, der Champions-League-Achtelfinalgegner von Eintracht Frankfurt am Dienstag (21 Uhr/Amazon Prime) grüßt völlig unbedrängt in der Serie A von der Spitze, hat erst am Freitag wieder 2:0 gegen Sassuolo Calcio gewonnen.

Spätestens seit Anfang Januar und dem berauschenden 5:1-Sieg gegen Juventus Turin ist der dritte Meistertitel der Klubhistorie das erklärte Ziel. Seitdem bedeutet der späte Absturz in der vergangenen Saison von Platz eins auf drei kaum etwas, höchstens Ansporn. „Mit diesem Sieg“, sagt Trainer Luciano Spalletti, „haben wir eine Botschaft an uns selbst gesandt.“ Jene, nicht mehr aufzuhalten zu sein. Nicht in Italien! Und womöglich nicht in Europa?
Bedingungslose Offensive
Viele meinen, die Eintracht hätte es nicht übler erwischen können in der ersten K.o.-Runde, sie träfe da auf den härtesten Brocken. Zwar nicht den größten Namen, aber eben die derzeit am besten funktionierende Mannschaft. Es gibt die Stars, etwa die gewaltige Sturmkante Victor Osimhen, einst durchgefallen in Wolfsburg, mittlerweile stehend auf den Zetteln vieler Topklubs. Oder nicht minder begabt: Instinktfußballer Khvicha Kvaratskhelia, ein Georgier, geholt aus der russischen Liga von Rubin Kasan. Gegen Sassuolo erzielten die beiden Offensiven die Tore - wie so oft. Zwei, drei weitere Begabte ließen sich freilich noch nennen, der Erfolg aber fußt nicht nur auf ihnen, sondern auf dem Kollektiv. So wurden Ajax Amsterdam überrannt (6:1 und 4:2), die Glasgow Rangers (3:0 und 3:0), und einmal der FC Liverpool (4:1). Die Mannschaft vertraut ihrem Trainer Spalletti, der wider italienischer Fußballkultur für bedingungslosen Offensivfußball steht.
„La Grande Bellezza“, die große Schönheit, lautet nicht umsonst ein Ausruf mit Blick auf den Klub. Jener Ausruf also, mit dem der Filmemacher Paolo Sorrentino sein oscarprämiertes Werk einst betitelte. Merke: Alles, wirklich alles in Neapel hat etwas mit dem großen Diego zu tun. (Daniel Schmitt)