Eintracht Frankfurt: Gegen Greuther Fürth raus aus dem Keller?

Nach dem Europapokal-Höhepunkt reist Eintracht Frankfurt zur SpVgg Greuther Fürth. Die SGE sollte dringend mit drei Punkten heimkehren.
Frankfurt am Main - Als aktiver Profispieler hat der heutige Fußballgelehrte Oliver Glasner schon so ein bisschen wie ein Trainer gedacht, vorausschauend und analytisch, er war einer, der ein Spiel lesen konnte, kein Haudrauf in Stollenschuhen, sondern technisch bewandert. Am Donnerstagabend im Tollhaus von Piräus war der aktuelle Coach von Eintracht Frankfurt daher schwer enttäuscht von sich selbst, weil er den Ball mittlerweile nicht mehr so präzise und hart trifft wie früher einmal.
In der Schlussphase der turbulenten Europapokalbegegnung der Eintracht in Piräus waren ihm nämlich so ein bisschen die Sicherungen durchgebrannt und die Gäule durchgegangen, vor lauter Ärger über einen schlampigen Angriff seiner Jungs drosch er den Ball wutentbrannt auf die Tribüne und motzte unermüdlich weiter. „Den hätte ich besser treffen können, der ist mir ein bisschen abgerutscht. Ich bin froh, auf der Tribüne niemanden verletzt zu haben“, witzelte der 47-Jährige über seinen Fehlversuch.
Eintracht Frankfurt: Oliver Glasner muss für seinen verunglückten Schuss zahlen
Glasner musste ein monströses Pfeifkonzert und die Gelbe Karte schlucken, weshalb er einen Obolus in die Mannschaftskasse entrichten wird, weil er findet, dass „die Emotion so nicht in Ordnung war“. In Wahrheit sieht er das wahrscheinlich ein klein wenig anders, wie er selbst einräumt: „Manchmal muss raus, was in einem Trainer drin ist. Momentan brauchen wir all unsere Kräfte und Emotionen.“
Das ist richtig. Diese Eintracht-Mannschaft benötigt in der Tat jede Hilfe, die sie bekommen kann. Nicht weil sie nicht mithalten kann, sondern weil sie so unfertig wirkt und ihren Trainer mit seiner hochkomplexen Fußball-Philosophie noch immer nicht so ganz verstanden zu haben scheint.
Timothy Chandler: „Es stimmt in der Mannschaft“
Aber sie gibt sich alle Mühe, immerhin, das hat dieser Donnerstagabend gezeigt, dieser wichtige 2:1-Erfolg im Europapokal bei Olympiakos Piräus mit dem späten Siegtreffer in der Nachspielzeit. „Das zeigt unsere Mentalität“, findet Verteidiger Timothy Chandler. „Es stimmt in der Mannschaft, wir sind ein Team.“ Das auf europäischer Bühne zu überzeugen weiß, zehn Punkte aus vier Spielen sind eine Ansage, die Qualifikation für die K.o.-Runde die logische Belohnung. „Olympiakos hat in dieser Saison nur zwei Spiele verloren, beide gegen uns“, sagt Coach Glasner. „Das macht mich wahnsinnig stolz.“
Das Blöde: Am Sonntag geht es schon wieder in der Bundesliga weiter, wo die Eintracht ihren eigenen Erwartungen hinterher hinkt. Da wartet der knüppelharte Abstiegskampf: Duell beim Tabellenletzten Fürth, Stadion am Ronhof, Abnutzungskampf bei Schmuddelwetter (live im TV und Livestream). Immerhin vielleicht wieder mit Filip Kostic, der wegen Problemen an der Achillessehne den Trip nach Hellas verpasste. „Wir müssen aufpassen, dass das nicht chronisch wird, deshalb haben wir ihn mal raus aus der Belastung genommen“, sagt Glasner. „Aber es ist jetzt nicht so schlimm, dass man sagt, er fällt für dieses Jahr aus.“
Eintracht Frankfurt weiß um die Bedeutung des Spiels in Fürth
Die Partie in Fürth ist für die Eintracht von enormer Bedeutung, weshalb sich die Sportliche Leitung in der Planung des Trips nach Griechenland etwas nicht ganz Alltägliches hat einfallen lassen. Den Freitag verbrachte die Mannschaft nämlich noch komplett auf der Sonnenseite des Lebens. „Wir wollen das schöne Wetter auskosten“, erklärt der Trainer. „Wir wollen das Wohlgefühl nutzen, um uns mental vorzubereiten.“ Nach einem ganz lockeren Training am Vormittag ging es an den Strand, Sonne tanken bei 25 Grad, die Weite aufnehmen, die Seele streicheln. „Das ist doch das Beste für den Kopf“, sagt Glasner, der seine Mannen Anfang November sogar „ins Meer geschickt“ hat. Gibt Schlimmeres.
Der Österreicher selbst ist, wie er sagte, hingegen „schon im Tunnel Richtung Fürth“, er wird seiner Mannschaft eintrichtern, „den Fight anzunehmen“, um nicht wieder Schiffbruch zu erleiden. Glasner weiß ganz konkret, weshalb nicht alles klappt, was längst klappen sollte. Seine Spieler ließen sich zu oft in billige Zweikämpfe verwickeln und verlieren viele dieser Duelle obendrein. „Uns Mann gegen Mann zu behaupten, da haben wir etwas Probleme.“
Eintracht Frankfurt: Der leise Weg zum Husarenstück
Zudem stimme das Positionsspiel einfach nicht, „damit hadern wir“. Das erschwert vieles, hinzu kommt immer noch eine frappierende spielerische Schlichtheit mit einer ganzen Menge Fehlpässe. Zu selten blitzt die Qualität der Spieler auf, zu selten wird die Tiefe gesucht, dabei ist das Ensemble genau dann am gefährlichsten. Wie beim Ausgleichstreffer durch Daichi Kamada nach feinem Zuspiel von Rafael Borré, oder beim Siegtreffer kurz vor Schluss durch Jens Petter Hauge nach einer Vorlage von Jesper Lindström. Eingeleitet wurde der 2:1-Befreiungsschlag übrigens durch eine formidable Einzelleistung des Verteidigers Evan Ndicka, der dabei auch noch seinen Schuh verlor und die kollektive Erleichterung quasi auf Socken initiierte. Auf leisen Sohlen zum Husarenstück im Hexenkessel. Gibt es auch nicht aller Tage.
Die Mannschaft kann sich zudem auf einen bockstarken Torwart verlassen. Kevin Trapp ist in absoluter Topform, hielt das Team mit ein, zwei herausragenden Paraden auch in Piräus im Spiel. Für den Fußballlehrer Glasner ist der Schlussmann ein wertvoller Anführer seines Teams. „Kevin ist ein Kapitän ohne Binde, er braucht keine Schleife am Arm, um seine Meinung zu sagen.“ Für ihn, den Trainer, stand eher im Vordergrund, einen Feldspieler als Spielführer zu benennen, weil der sehr viel näher dran ist am Geschehen.
Eintracht Frankfurt: Oliver Glasner bleibt entspannt
Seinem so formstarken Torwart hat es der Trainer gewissermaßen auch zu verdanken, dass die latente Unruhe, die um ihn selbst herrschte, nicht noch größer wurde. Nach dem Sieg in Piräus richtete der Trainer daher auch salbungsvolle Worte in Richtung der Verantwortlichen, in erster Linie an den Frankfurter Sportvorstand Markus Krösche, der intern wie extern keine Diskussion um den Trainer aufkeimen ließ.
„Ich hatte immer den Rückhalt des Vorstands und des Vereins“, betonte Oliver Glasner. „Deshalb war ich sehr entspannt.“ Zwar sei die Gesamtsituation nicht angenehm gewesen, doch gerade der Auftritt nun in Griechenland „hat mich in meiner Arbeitsweise bestätigt“. Jetzt herrscht Ruhe, vielleicht überdauert sie sogar die Partie bei Kellerkind Fürth. Dafür braucht es im Grunde einen Auswärtssieg - und am besten eine gute Leistung. (Ingo Durstewitz)