Eintracht Frankfurt: Alternativen? Fehlanzeige!

Eintracht Frankfurt leidet unter einem Gefälle im Kader – was ist los mit Hauge und Hasebe?
Für den immer besser in Fahrt kommenden Martin Hinteregger steht nach allerlei Brimborium auf der hell ausgeleuchteten Frankfurter Europa-Bühne (Weiterkommen gegen Sevilla erzwungen, abgefeiert worden bis zum Anschlag) das nächste Glanzlicht auf internationalem Terrain an: Der 29-Jährige tritt mit der österreichischen Nationalelf zum WM-Playoffspiel in Cardiff gegen Wales an, am Donnerstag ist Showdown für die Mannen aus der Alpenrepublik. Mittendrin: Martin Hinteregger, der Abwehrkoloss, der gerade rechtzeitig wieder in eine Verfassung gekommen ist, die ihn zu einem unverzichtbaren Pfeiler werden lässt. Für Eintracht Frankfurt und für die Auswahl des umstrittenen ÖFB-Trainers Franco Foda.
Hinteregger darf nach dem heißen Playoff eine Verschnaufpause einlegen, das wird dem Routinier ganz gut tun, da kann er körperlich und mental wieder auftanken. In den vergangenen Wochen ist ja einiges eingeprasselt auf den sensiblen und lange in einem Formtief steckenden Profi, so viel, dass er sich dazu entschied, nicht mehr als Vizekapitän fungieren zu wollen, um wieder ins Rollen zu kommen. Das hat geklappt. Hinteregger wirkt sehr viel fokussierter und wacher als zuvor. Gegen Fürth am 2. April ist „Hinti“ freilich gesperrt, in Leipzig sah er seine fünfte Gelbe Karte.
Das zwingt Trainer Oliver Glasner im Heimspiel gegen das abgeschlagene Schlusslicht dazu, seine Mannschaft ein wenig umzubauen. Das macht er eher ungerne, zumindest dann, wenn er glaubt, eine Formation gefunden zu haben. Das ist zurzeit zweifelsfrei der Fall. Seit einigen Partien wechselt der Coach allenfalls noch in homöopathischen Dosen, bei der Nullnummer in Leipzig jetzt stand Sebastian Rode in der Startformation – aber nur weil Mittelfeldmotor Djibril Sow ebenfalls gesperrt fehlte.
Alleinunterhalter Borré
Für Rode war nach 45 Minuten auch schon wieder Schluss. Der 31-Jährige, unglücklicherweise ständig angeschlagen und daher kaum Rhythmus aufnehmend, wird nun die Bundesligapause nutzen, um den Abstand zur ersten Elf zu verkürzen. Er ist einer der wenigen, der in Topform einen Startplatz (an der Seite von Sow) verdient hätte. Rode bewegt sich fußballerisch auf einem ungleich höheren Niveau als Kristijan Jakic. Trainer Glasner hat in toto nämlich keinen Grund zum Wechseln, sein Ensemble war zuletzt erfolgreich, siegte in Berlin, gegen Bochum und in Sevilla, zog durch ein 1:1 im Rückspiel gegen die Spanier ins Viertelfinale der Europa League ein und erkämpfte sich ein 0:0 beim Champions-League-Anwärter RB Leipzig. Das ist eine gute Ausbeute, auch wenn das Team nicht immer die Sterne vom Himmel spielte und gerade in Leipzig Abspielfehler en masse produzierte.
Das Bekenntnis Glasners zu seiner ersten Elf ist aber nicht in bedingungsloser Nibelungentreue begründet, es zeigt eher, dass er gar nicht so viele Alternativen hat, um für gleichwertigen Ersatz zu sorgen. Das Gefälle im Kader ist beträchtlich.
Im Sturm, als Beispiel, ist Rafael Borré gesetzt, obwohl der Kolumbianer zuletzt doch arg durchhing und durch eine Körpersprache auffiel, die eine Menge Frust erkennen ließ. Torgefährlich war der 26-Jährige zudem kaum noch. Dennoch spielt Borré immer. Zum einen, weil er es als Alleinunterhalter sowieso nicht leicht hat, aber unerschrocken immer wieder die Gegenspieler attackiert, was freilich dazu führt, dass ihm in den entscheidenden Momenten die Kraft und die Konzentration fehlen.

Und es liegt auch daran, dass es für Borré keine ernsthafte Alternative gibt. Goncalo Paciencia ist ein klassischer Strafraumstürmer, der das Malochen und Anlaufen nicht erfunden hat. Und der zeitweise völlig in der Versenkung verschwundene Sam Lammer ist zwar im Aufwärtstrend, macht aber nach wie vor nicht den Eindruck, dass man ihm in der physisch anspruchsvollen Bundesliga den Platz in vorderster Linie anvertrauen könnte. Der Niederländer, mit einem Gesamtvolumen von vier Millionen Euro von Atalanta Bergamo ausgeliehen und ohne Zukunft in Frankfurt, fremdelt mit der Intensität und der vorwärts gerichteten Verteidigung in Deutschland. So oder so: Viele fragen sich, wo die Eintracht stünde, hätte sie einen richtig Knipser in ihren Reihen.
Ein Platz ist frei gegen Fürth
Auch auf anderen Positionen ist kaum ein Konkurrenzkampf entbrannt. Links ist Filip Kostic unantastbar, rechts hat sich Ansgar Knauff festgespielt. Auf den offensiven Halbpositionen haben Jesper Lindström und Daichi Kamada, der überraschenderweise nicht zur japanischen Nationalmannschaft eingeladen wurde, klar die Nase vorn.
Glasner versucht, den Norweger Jens Petter Hauge verhilft ihm sukzessive zu Spielzeit, doch der 22-Jährige ist zu unstet: Mal bringt er mit Dribblings frischen Schwung wie gegen Sevilla, mal legt er einen wilden Auftritt hin wie in Leipzig. Ein Kandidat für die Startelf ist er nicht, doch er soll rangeführt werden, denn die Eintracht hat eine bindende Kaufoption für den Norweger, muss dem AC Mailand gut sieben Millionen Euro überweisen. Hauge soll gefördert werden, und es ist ja keine Seltenheit, dass Spieler erst im zweiten Jahr durchstarten.
Ansonsten darf Ajdin Hrustic ab und an mal etwas länger spielen, in Leipzig kam er nach 45 Minuten für Kapitän Rode. Das war so abgesprochen und ist von Glasner bereits vor dem Anpfiff kommuniziert worden. Es verwundert dennoch, denn auch Makoto Hasebe hätte Rodes Part im Mittelfeld übernehmen können. Aber offenbar traut Glasner dem Altmeister diese Position nicht mehr zu. Auch das ist seltsam. Genauso wie der Status des Japaners im Ganzen. Denn der 38-Jährige wäre eine der wenigen Alternativen, spielt aber keine Rolle mehr. In den letzten sechs Pflichtspielen stand er zwar im Kader, spielte aber nicht eine Sekunde. Dabei hat die Eintracht mit Hasebe ihre spielerisch besten Leistungen gezeigt. Vielleicht darf der Stratege gegen Fürth ran, ein Platz ist ja frei – dank Martin Hinteregger.