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Eintracht Frankfurt: Die Herausforderer Rodrigo Zalazar und Ajdin Hrustic

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Von: Ingo Durstewitz

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Sehr engagiert: Rückkehrer Rodrigo Zalazar will seine Chance nutzen.
Sehr engagiert: Rückkehrer Rodrigo Zalazar will seine Chance nutzen. © Jan Hübner

Gedränge im Mittelfeld von Eintracht Frankfurt: Wenn der erste Eindruck nicht täuscht, haben Rodrigo Zalazar und Ajdin Hrustic gute Chancen, den Platzhirschen Beine zu machen.

Frankfurt am Main - Timo Schultz, ein Urgestein des Kiezklubs FC St. Pauli und seit einem Jahr Trainer der Hamburger Profimannschaft in der Zweiten Bundesliga, hatte sogleich einen Narren an Rodrigo Zalazar gefressen, vor rund zwölf Monaten, im Sommer 2020. Der Fußballlehrer erkannte rasch das enorme Potenzial, das in dem 21 Jahre alten Uruguayer mit spanischen Wurzeln schlummert, er spürte, dass er da einen Spieler unter seinen Fittichen hat, der sich schwer in eine Schablone pressen lässt, der nicht der Norm entspricht, der irgendwie unkonventionell und unangepasst ist, halt anders. Aber gut.

Schultz bezeichnete die wilde Hummel im Mittelfeld wahlweise als „Wunderkerze“ oder „Eisvogel“, er meinte es anerkennend. „Er treibt sich überall auf dem Platz herum. Er hat unbändigen Willen, eine sehr gute Technik und hohe Dynamik“, charakterisierte der Coach seinen Schützling. „Das Wilde, das ihn auszeichnet, fällt uns manchmal defensiv auf die Füße. Aber das nehmen wir in Kauf. Der Junge ist schon gut.“ So gut, dass der Junge nun nach Frankfurt zurückgekehrt ist. Nach zwei Leihen, einer völlig verkorksten nach Polen zu Korona Kielce. Und einer höchst erfolgreichen zum FC St. Pauli. Es war ein lehrreiches, wertvolles Jahr in Hamburg.

Rodrigo Zalazar bei der SGE: St. Pauli spekuliert auf ein Rückkehr

Der fast 22-Jährige stand in allen 34 Partien auf dem Feld, machte sechs Tore und bereitete sechs weitere vor, vor allem aber trieb er die Mannschaft an, riss sie mit. Er ist schwer einzufangen auf dem Feld, ist mal hier und mal da, mal vorne, dann hinten, erst rechts, dann links, ein Verbindungsspieler, aber nicht im klassischen Sinne. „Bei St. Pauli haben sie mich so Fußball spielen lassen, wie ich es am besten kann“, sagt er, „ich muss mich und meine Art zu spielen nicht verstellen.“

In Hamburg spekulieren sie ein bisschen darauf, den im spanischen Albacete geborenen Akteur vielleicht zurück ans Millerntor lotsen zu können, wenn er bei Eintracht Frankfurt wieder durchs Sieb rutschen würde. Doch danach sieht es, bei aller gebotenen Vorsicht, nun wirklich nicht aus.

Ärger mit der Fifa?

Randal Kolo Muani, das ist bekannt, steht auf dem Wunschzettel der Eintracht. Bloß: Der FC Nantes, der aktuelle Verein des Mittelstürmers, plant offenbar gegen die Hessen vorzugehen. Dies berichtet jedenfalls die in der Regel gut informierte „L’Equipe“. Nantes habe demnach damit gedroht, die Frankfurter bei der Fifa anzuzeigen. Auch der französische Fußballverband sei über dieses Vorhaben informiert worden, die Eintracht habe sich nach Auffassung der Nantes-Bosse nicht an die Fifa-Regeln gehalten. Weitere Details nannte die Sportzeitung jedoch nicht. Muani will seinen 2022 auslaufenden Vertrag in Frankreich nicht verlängern. Ein erstes Angebot der Eintracht war Nantes jedoch zu gering. (FR)

Zalazar hinterlässt bei der Eintracht bisher einen ganz hervorragenden Eindruck, er ist bissig und giftig, ein 1,78 Meter großes Kraftpaket mit einem etwas eigentümlichen Laufstil, leicht nach vorne gebeugt, gedrungen, aber mit einem Affenzahn. In beiden Testspielen stand der frühere Juniorennationalspieler Uruguays in der Startformation, was natürlich nicht überzubewerten, aber trotzdem ein kleines Zeichen ist.

Rodrigo Zalazar bei Eintracht Frankfurt: Taktisch diszipliniert

Auffallend ist, dass er gar nicht so ungestüm und halsbrecherisch auftrat wie erwartet, sondern taktisch durchaus diszipliniert, im zentralen defensiven Mittelfeld um Ordnung und Struktur bemüht – aber ohne seine Stärken zu vernachlässigen. Den Spagat hat er bisher gut hinbekommen. „Ich will hier zeigen, was ich kann“, sagte er dem vereinseigenen TV-Sender. „Wir haben sehr viele talentierte Spieler, aber ich will um meinen Platz kämpfen und der Mannschaft helfen.“ An eine abermalige Ausleihe denkt der gut mit Goncalo Paciencia befreundete Spieler gar nicht. „Es wird ein anspruchsvolles Jahr mit drei Wettbewerben. Der Trainer wird jeden Spieler brauchen.“

Zalazar, technisch beschlagener Rechtsfuß, ist ein spiel-, kampf- und laufstarker Akteur, ein Wusler und Schaffer, der in den Halbpositionen oder auf der „Sechs“ agieren kann. Er ist ein Spieler, der, sollte der Eindruck nicht gänzlich täuschen, den arrivierten Kräften wie Sebastian Rode, Djibril Sow oder auch Makoto Hasebe Beine machen, den Platzhirschen vielleicht sogar den Platz streitig machen kann. Zumindest ab und an.

Ajdin Hrustic hat körperlich zugelegt

Das gilt ganz genauso für Ajdin Hrustic, der im Testkick gegen Sandhausen (1:0) an Zalazars Seite agierte, etwas offensiver, und seine Sache ebenfalls ganz prima machte. Der 25 Jahre alte Hrustic ist ein anderer Spielertyp als Zalazar, ein feinerer, strukturierterer Fußballer, der in seinem ersten Jahr in Frankfurt enorme Fortschritte gemacht hat. Als er im vergangenen Sommer zur Eintracht kam, wirkte er, mal überspitzt formuliert, wie ein Spielmacher der 80er Jahre, fußballerisch klasse, starker linker Fuß, aber doch irgendwie nicht schnell und hart genug, körperlich und geistig noch nicht in der Lage, um auf diesem Niveau und mit dieser Intensität mitzuhalten. Das hat sich geändert.

Hrustic wirkt jetzt fast wie ein anderer Spieler, hat körperlich zugelegt. Neulich wurde er gar gefragt, ob er die Frankfurter Antwort auf den Bayern-Muckimann Leon Goretzka sei. „Ich versuche, das Beste aus meinem Körper herauszuholen“, antwortete er.

Ajdin Hrustic: Universell einsetzbar bei der Eintracht

Gegen Sandhausen machte der für eine Million Euro aus Groningen gekommene australische Nationalspieler ein starkes Spiel, initiierte viele Angriffe, war omnipräsent. Der Mittelfeldmann mit bosnischen Wurzeln hat an Format und Selbstvertrauen gewonnen, die vier WM-Qualifikationsspiele nach der Saison taten ihm gut, auch sein spektakulärer Treffer im Schlussspurt der Saison gegen Mainz 05 gab ihm Auftrieb. Mit Hrustic dürfte zu rechnen sein, er ist – neben Oldtimer Hasebe – spielerisch der versierteste Mann auf der Position im defensiven Mittelfeld.

Sein größer Vorteil könnte auch ein kleiner Nachteil sein: Denn Hrustic ist universell einsetzbar, kann quasi jede Position bekleiden – das birgt die Gefahr, seinen Platz nicht zu finden und dauernd verschoben zu werden, einspielen und festspielen ist da schwierig. Der Mann mit der gewaltigen linken Klebe, ein Spezialist für Standards, nimmt es locker, sieht die Flexibilität eher als Pluspunkt. „Egal, ob mich der Trainer im zentralen Mittelfeld, auf der rechten Seite oder als Zehner braucht – ich bin da.“ (Ingo Durstewitz)

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