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Eintracht Frankfurt und das große Problem der Zukunft: Wenn Rode, Hasebe und Mister Eintracht gehen

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Von: Ingo Durstewitz

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Führungsspieler wie Seppl Rode dringend gesucht. Foto: Imago Images
Führungsspieler wie Seppl Rode dringend gesucht. Foto: Imago Images © IMAGO/osnapix

Die Frankfurter Eintracht baut im Endspurt auf ihre tragenden Säulen, muss aber dieses Gerüst in der Zukunft neu ausrichten - doch Führungsspieler wachsen nicht auf Bäumen.

Frankfurt – Der noch immer juvenil wirkende Eintracht-Kapitän Sebastian Rode ist inzwischen auch schon 32 Jahre alt, er ist gestählt im Profigeschäft, hochdekoriert sowieso. Der Bursche war angestellt bei den großen Bayern und den nicht viel kleineren Dortmundern.

Dort hat der Südhesse viel gelernt, er ist zu einem besseren Spieler, einem reiferen Menschen geworden. Überall sprechen alle in den höchsten Tönen über den Seppl von der Bergstraße. Mattias Sammer pries ihn als „Mentalitätsmonster“, so einen Typen wie Jens Jeremies, diesen Kettenhund mit Vokuhila, lange her.

Sebastian Rode: Bewegte Laufbahn biegt bei Eintracht Frankfurt auf die Zielgerade ein

In der Gegenwart ist jener Sebastian Rode längst wieder im heimischen Hafen eingefahren, seine bewegte Laufbahn biegt bei Eintracht Frankfurt auf die Zielgerade ein. In einem Jahr will er Schluss machen mit der Kickerei. Es gibt nicht wenige, die es ohnehin für ein kleines medizinisches Wunder halten, dass der Mann mit zwei derart vorbelasteten Kniegelenken so lange durchgehalten hat.

Als Trainer Oliver Glasner dieser Tage nach Führungskräften gefragt wurde, also nach Typen wie Seppl Rode, klopfte er dreimal auf Holz. Das soll bewirken, dass sich seine positive Einschätzung nicht ins Gegenteil verkehrt. „Sebastian“, hob der Coach an, „ist momentan sehr stabil.“ Das war nicht immer so, der Routinier spielt seit einiger Zeit dosiert, je nachdem, wie es seinen Knochen geht.

Sebastian Rode als Eintracht-Joker in der Crunchtime

Dass Rode jetzt im Endspurt voll belastbar ist, könnte für die Eintracht der Joker in der Crunchtime sein. Er ist ein absoluter Leader, in Sevilla vor einem Jahr hielt er mit klaffender Platzwunde und Turban durch, das entscheidende Champions-League-Gruppenspiel in Lissabon drehte er nach seiner Einwechslung fast im Alleingang. Selten hatte ein defensiver Mittelfeldspieler einen derart entscheidenden Einfluss auf den Charakter des Spiels.

Wenn es um alles oder nichts geht, dann braucht es Erfahrung auf dem Platz, Leitbilder, die die Richtung vorgeben, die furchtlos vorangehen. Rode ist da das leuchtende Vorbild, genauso wie Altmeister Makoto Hasebe, Nationalspieler Mario Götze oder Kevin Trapp in der Kiste.

Glasner über Führungsspieler: „Es ist wichtig, dass du sie als Anführer auf dem Platz hast“

Gerade im großen Finale in Berlin braucht es einen Schlussmann in Topform. Niemand weiß es so gut, wie die Eintracht selbst. Hätte Teufelskerl Trapp in Sevilla nicht im Tor gestanden und kurz vor Ultimo eine Parade vom anderen Stern gezeigt, der Pokal wäre nach Schottland marschiert und die Eintracht leer ausgegangen. Kevin Trapp hat die Geschichte umgeschrieben.

Natürlich weiß Coach Glasner, was er an seinen tragenden Säulen hat. „Es ist wichtig, dass du sie als Anführer auf dem Platz hast“, bekräftigt er. „Sie haben fast alles erlebt, werden nicht nervös.“ Er adelt seine Führungsmannschaft. „Diese Achse, dieses Korsett ist enorm wichtig.“ Am Samstag (15.30 Uhr/Sky) auf dem Platz beim heißen Auswärtsspiel auf Schalke, aber auch im Endspiel in Berlin – und in der Zukunft überhaupt.

Rode, Hasebe und Mister Eintracht – die Anführer gehen nach und nach von Bord

Genau dort wird es spannend. Denn klar ist, dass die beiden Kapitäne Rode und Hasebe in einem Jahr Schluss machen, auch Timothy Chandler, Mister Eintracht, wird ein Jahr später folgen. Das Urgestein spielt zwar nicht häufig, ist aber für die Hygiene in der Kabine ein entscheidender Faktor. Und: Auch verdiente Akteure wie Djibril Sow, Evan Ndicka oder Daichi Kamada waren fest mit der Eintracht verbandelt, gehörten nach einigen Jahren fast zum Inventar, auch sie sind Gesichter des Klubs.

Jedoch: Kamada geht im Sommer sicher, Ndicka wohl auch. Sow plant ebenfalls seinen Abgang ein Jahr vor Vertragsende. Da wartet, alles in allem, in naher Zukunft eine gewaltige Umwälzung. „Der neue Trainer hat sicher kein leichtes Erbe nach diesen Erfolgen und bei diesem Umbruch, der ansteht“, sagt Kultkicker Martin Hinteregger jetzt in der „Sportbild“ und legt den Finger in die Wunde. „Das größte Problem wird aber sein, wenn in Zukunft die absoluten Führungsspieler wegfallen werden – Rode, Chandler oder Trapp. Ihre Bedeutung im Team und für die Fans darf man nicht unterschätzen.“ Genau so sieht es aus.

Eintracht Frankfurt braucht neue Galionsfiguren

Von daher kann die Sportführung nicht nur junge, hochveranlagte Spieler holen und hoffen, sie teuer weiter zu verkaufen. Das ist ein Teil der Eintracht-Philosophie, richtig und gut. Aber es müssen auch Spieler gefunden, eingebaut oder aufgebaut werden, die ein hohes Maß an Identifikation zeigen, die nicht beim nächstbesten Angebot von der Fahne gehen, weil sie irgendwo ein paar Hunderttausend mehr verdienen können. In aller Regel sind das Akteure, die schon viel erlebt haben, die wissen, wie der Hase läuft.

Es braucht Galionsfiguren, gestandene Typen, die was darstellen, die in die Eintracht reinwachsen, sie verkörpern und leben. Es bedarf auf dem Platz und außerhalb des Feldes Führung, das geht nicht nur mit jungen Hüpfern wie Leih-Rückkehrer Hauge. Die Eintracht, ganz klar, braucht Typen wie Sebastian Rode. Dumm nur: Die wachsen nicht auf Bäumen.

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