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Eintracht-Boss Hellmann: „Dann gibt’s ein europäisches Monster“

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Von: Ingo Durstewitz

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Axel Hellmann rät dringend dazu, die Kluft zwischen den europäischen Wettbewerben zu verringern.
Axel Hellmann rät dringend dazu, die Kluft zwischen den europäischen Wettbewerben zu verringern. © dpa

Eintracht-Vorstandssprecher Axel Hellmann mahnt die Kluft zu den Großklubs an: „Mittelstand wird abgehängt“.

Frankfurt - Während ihrer ausgedehnten Europa-Tour sind die Eintracht-Verantwortlichen in diesem und dem letzten Jahr mit allerlei Klubvertretern aus der Türkei, Spanien oder auch Griechenland zusammengetroffen, die ganz ähnliche Probleme und Nöte haben wie der Frankfurter Bundesligist. Fenerbahce Istanbul etwa, der stolze, große Klub vom Bosporus, habe auf europäischer Ebene den Anschluss zu den Topklubs verloren, erzählt Eintracht-Vorstandssprecher Axel Hellmann im Gespräch mit der FR. Auch Betis Sevilla, frisch gebackener Sieger der traditionsreichen Copa del Rey in Spanien, habe „die Sorge, im internationalen Wettbewerb abgehängt zu werden“. Dabei sei Betis ein „solider, ambitionierter, toller Verein“. Aber eben mit begrenzter Perspektive auf dem internationalen Markt.

Und so geht es auch Eintracht Frankfurt, einem gesunden Traditionsverein, der sich als „guten, mittelständischen Klub“ (Hellmann) charakterisiert. Und genau für jene Mittelständler fordert der 50-Jährige eine europäische Vision, eine europäische Chance. „Wir sind nicht die größte Kirsche auf der Torte“, räumt der erfahrene Funktionär ein. „Und wir sind uns im Klaren darüber, dass es große Klubs gibt, die große internationale Ambitionen und das Recht haben, für ihre Interessen einzutreten. Aber genauso hat der europäische Mittelstand das Recht darauf, für seine Belange zu kämpfen.“ Die Botschaft ist klar und deutlich: „Wir wollen nicht abgehängt werden. Diese Gefahr ist aber existent.“

Hellmann übt scharfe Kritik

Hellmann kritisiert die ungleichen wirtschaftlichen Verhältnisse im internationalen Vergleich, mal plakativ formuliert: Die Großen werden immer größer. Und die anderen können sehen, wo sie bleiben. Befeuert werde diese Entwicklung noch durch die Reform der Champions League. Ab 2024 dürfen 36 statt 32 Teams an der Königsklasse teilnehmen, zwei dieser zusätzlichen Plätze sollen auf Basis früherer Ergebnisse und nicht nach dem Abschneiden in der Vorsaison der nationalen Liga vergeben werden. Das stößt Hellmann bitter auf: „Jegliche Qualifikation, die nicht über den Sport der nationalen Ligen, sondern über einen Koeffizienten erfolgt, ist nicht wünschenswert.“ Das führe zu einem Ungleichgewicht. Denn: Die mächtigen Champions-League-Klubs würden dadurch immer potenter, zumal ja sehr viele von ihnen ohnehin „mit Geld von außen künstlich gestärkt werden“, wie Hellmann befindet. „Das führt zu einem Closed Shop. Und der Kapitaldurst dieser Vereine schafft dann eine abgeschlossene Super League, ein europäisches Fußball-Monster.“

Hellmann ist der festen Überzeugung, dass die europäischen Großklubs die Super-League-Pläne nicht beerdigt haben. „Das ist eine reale Gefahr, und es ist schon jetzt an der Zeit, sich diesen Plänen entgegenzustellen.“ Dabei ist Europa ohnehin in Schieflage, selbst an der Spitze. In den letzten zwei Jahrzehnten kamen 50 der 80 Champions-League-Halbfinalisten aus Spanien (26) und England (24).

Hellmann wirbt für die europäischen Wettbewerbe

Die Diskrepanz zwischen den Königsklassen-Stammgästen und den anderen europäischen Vertretern sei gewaltig und die Kluft werde noch größer. „Wir dürfen die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Champions League und Europa League nicht noch größer werden lassen“, mahnt der Frankfurter Vorstand. Daher werde sich die Eintracht nun stärker einbringen und versuchen, gemeinsam mit ähnlich veranlagten Mitstreitern dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. „Wir müssen uns besser organisieren, der Mittelstand muss eine Stimme haben.“

Viele Klubs hätten ähnliche Befürchtungen, aber gar „kein Forum“. Für den Juristen steht fest, dass die European Club Association (ECA), also die selbstständige und unabhängige Interessenvertretung der europäischen Vereine, hierfür die Basis bieten müsse. „Die ECA muss die Plattform sein, wenn sie ihrem Anspruch, die Klubs zu repräsentieren, gerecht werden will.“

Hellmann wirbt für die europäischen Wettbewerbe, die, wie die Besetzung der Halbfinals in Europa League und Conference League mit vielen Traditionsvereinen zeigt, sehr wohl attraktiv sind. „Wir müssen den kleineren Verbänden und Vereinen den Zugang ermöglichen“, sagt er und führt seinen Klub als „Überzeugungstäter“ in Sachen Europa an. „Wir freuen uns über spannende Reisen und spielen auch gerne in Tallinn“, bedeutet Axel Hellmann. „Das ist doch im Sinne der europäischen Idee.“ (Ingo Durstewitz)

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