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Der starke Mann

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Von: Frank Hellmann

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Wird immer wichtiger beim SV Werder: Clemens Fritz.
Wird immer wichtiger beim SV Werder: Clemens Fritz. © Imago

Ex-Profi Clemens Fritz wird bei Eintracht-Gegner Werder Bremen zum neuen Macher aufgebaut - so etwas hat Tradition an der Weser

Ole Werner hat sich gar nicht groß verstellen müssen, um die Qualitäten von Eintracht Frankfurt zu beschreiben. Der in jeder Hinsicht bodenständige Trainer von Werder Bremen hat in der Pressekonferenz ausführlich begründet, warum es sich um „ein schwieriges Spiel, eine schwierige Aufgabe“ handelt: Für den 34-Jährigen zählt der Gegner inzwischen zu „den besten Teams in Europa“. Insbesondere Tempo und Physis haben es ihm bei den Hessen angetan. Nach dem Hinspiel (3:4) hatte der jüngste Coach der Liga zugegeben, mit solch einer Geschwindigkeit seien die Bremer nach seinem Amtsantritt noch nie konfrontiert worden. Doch selbst wenn die Hanseaten nun im Frankfurter Stadtwald ihr viertes von sechs Bundesligaspielen in 2023 verlieren sollten, würde an der Weser keine Unruhe aufkommen. Zu gefestigt wirkt der Aufsteiger, der nach einem Jahr Zweitklassigkeit zurück in der Bundesliga ist – und als Tabellenneunter eine ungleich bessere Rolle spielt als Schlusslicht FC Schalke 04.

Obwohl die Grün-Weißen mit einem außerordentlich schmalen Budget operieren müssen – weniger als 30 Millionen Euro für die Lizenzspieler – ist der Kader konkurrenzfähig. Die Mannschaft harmoniert auf und außerhalb des Platzes, und nicht selten stehen acht deutsche Spieler in der Startelf, die von Werner selten verändert wird. Meistens dann, wenn ihn wie jetzt die Ausfälle von Mitchell Weiser (Außenbandverletzung), Leo Bittencourt (Sperre) und Christian Groß (Krankheit) dazu zwingen. Nächste Saison könnte es gut sein, dass Ersatz für Torjäger Niclas Füllkrug her muss, der seit seiner WM-Teilnahme zur Kultfigur des Bremer Weges aufgestiegen ist.

Die Geschicke gestaltet mit zunehmendem Einfluss Ex-Profi Clemens Fitz. Das gehört bei den Grün-Weißen fast schon zur Vereinsphilosophie. Offiziell fungiert der Ehrenspielführer als Leiter Profifußball und Scouting – und steht damit in der Hierarchie eigentlich hinter Geschäftsführer Frank Baumann, der seit seinem Amtsantritt 2016 – nach der im letzten Saisonspiel gegen Eintracht Frankfurt verhinderten Relegation – viel erlebt hat. Spätestens mit 50 möchte er aufhören, deutete der 47 Jahre alte Baumann wiederholt an. Vermutlich also wird der Kapitän der Doublesieger von 2004 seinen 2024 auslaufenden Vertrag nicht verlängern.

Fritz wird daher zu seinem Nachfolger aufgebaut. Der scheut sich nicht vor der anstehenden Beförderung. „Ich kann mir das vorstellen.“ Der 22-fache Nationalspieler, der unter Joachim Löw bei der EM 2008 in allen Gruppenspielen in der Startelf stand, hat erst im vergangenen Jahr den Uefa-Lehrgang mit dem schönen Titel „Executive Master for international players“ abgeschlossen. Der 42-Jährige soll sich demnächst noch mehr um den Profibereich kümmern, obwohl er schon jetzt einen Teilbereich der Aufgaben übernommen hat.

Jahn wird Kaderplaner

Der gebürtige Erfurter deckt inzwischen auch fast die gesamte Öffentlichkeitsarbeit im Tagesgeschäft ab. Die Zusammenarbeit mit Baumann laufe vertrauensvoll ab, „ich glaube, er schätzt es auch, dass ich eher entlaste als belaste“. Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Abstieg 2021 auch das Ergebnis einer ziemlich verfehlten Personalpolitik war. Den Abgang von Chefscout Tim Steidten (Bayer Leverkusen), zuvor Einfädler vieler gelungener Transfers, hatte der Klub komplett unterschätzt.

Dieses Vakuum wird nun verspätet gefüllt: Mit Johannes Jahn ist ein Kaderplaner zur neuen Saison gefunden: Der 40-Jährige arbeitete sehr erfolgreich für das Red-Bull-Imperium, hat Erling Haaland zu Salzburg und Dayot Upamecano zu Leipzig gelotst. Für den gebürtigen Bremer Jahn ist der Job bei Werder eine Herzensangelegenheit, wohl wissend, dass die finanziellen Möglichkeiten beschränkt sind.

Fritz erklärt damit auch, warum sich Werder – im Gegensatz zur Eintracht – nicht auf dem französischen Markt bediene, der sei nämlich „kein günstiger Markt“ mehr. Der Verein ist durch einen Kredit und eine Mittelstandsanleihe dazu gezwungen ist, auf dem Transfermarkt bald wieder einen Überschuss zu erwirtschaften. Umso wichtiger wird es, dass auf Managementebene gut gearbeitet wird.

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