Eintracht Frankfurt: Krösche mit schonungsloser Manöverkritik

Eintracht-Manager Krösche hält nach dem 3:0 gegen Hertha BSC die Spannung hoch und setzt zu einer schonungslosen Manöverkritik an.
Frankfurt – Es ist schon so eine Sache mit der Deutungshoheit bei einem Fußballspiel. Die Wahrnehmung der Protagonisten oder Zuseher kann nämlich ein klein wenig divergieren. Nehmen wir die Partie zwischen Topklub Eintracht Frankfurt und Chaosverein Hertha BSC am Samstag im Waldstadion. Da gab es nicht wenige, die in der Nachbereitung dem Europa-League-Sieger einen souveränen und erwachsenen Auftritt attestiert hätten, drei zu null gewonnen, abgefiedelt die Hertha. Trainer Oliver Glasner etwa fand die erste Halbzeit „sehr gut“, seine Mannen seien „brutal variabel“ gewesen, hätten mit „viel Tempo“ gespielt, der Treffer zum 2:0 sei „fantastisch“ herausgespielt worden. Runde Sache, alles in allem. „Zweiter Heimsieg, zweites 3:0, alles in Ordnung.“ Soso.
Alles in Ordnung? Bei Markus Krösche, dem Sportvorstand, hörte sich das anders an. Fast hätte man nach seiner schonungslosen Manöverkritik meinen können, sein Team habe sich bis auf die Knochen blamiert gegen das Kellerkind aus der Kapitale und, sagen wir, mindestens mal mit 0:3 verloren. „Die zweite Halbzeit war schlecht“, begann der 42-Jährige seine Generalabrechnung. „Da war keine Ernsthaftigkeit und keine Fokussierung, dafür aber viel Freestyle. Damit können wir nicht zufrieden sein.“
Eintracht-Manager Krösche: „Die Mannschaft kann mehr“
Krösche, einmal in Fahrt, legte nach: „Wir müssen lernen, über 90 Minuten bei 100 Prozent zu sein. Wenn wir glauben, dass wir auch mit 60, 70 Prozent unsere Ziele erreichen können, wird es nicht funktionieren.“ Im zweiten Abschnitt habe das Ensemble zu langsam gespielt, ja „behäbig“ gar, das 2:0 nur noch verwaltet. „Wir dürfen die Tür niemals auflassen.“ Krösches Fazit: „Die Mannschaft kann mehr.“ Das ist sicher richtig. Und doch wirkte die Kritik reichlich überzogen, das Urteil zu hart. Sehr wahrscheinlich überzeichnete der Manager aber ganz bewusst, eigentlich ist das Manöver nicht so schwer zu durchschauen: Da rüttelt und schüttelt einer, um die Sinne zu schärfen und die Spannung hochzuhalten. Denn schon am Dienstag (20.45Uhr/ARD) steht das nächste wichtige Spiel an, dann geht es im Achtelfinale des DFB-Pokals im brisanten Duell gegen den Nachbarn Darmstadt 98. Verlieren verboten, lautete das Motto. Die Eintracht will im Pokal weit kommen und generell im Flow bleiben. Die Ziele sind in allen Wettbewerben hochgesteckt. Daher ist es vielleicht sogar nachvollziehbar, dass Markus Krösche den Ton verschärft.
Coach Glasner kann das verstehen. „Das zeigt, wie ambitioniert wird sind.“ Er selbst habe nicht den Eindruck, dass in seinem Team „Selbstzufriedenheit“ herrsche, er habe da „keine Bedenken und sehe auch keine Gefahr“. Doch so ganz traut er dem Braten offenbar nicht. „Ich hebe den warnenden Finger besser vorher als nachher“, sagt er zu Recht. „Es ist wichtig, dass wir nicht nachlassen. Da werden wir die Jungs nicht in Ruhe lassen.“ Gegen den Zweitligaspitzenreiter sei am Dienstag höchste Konzentration gefragt. „Das geht nicht mit vier Übersteigern und drei Hackentricks.“ Insgesamt aber, räumte der Fußballlehrer ein, „ist das Jammern auf hohem Niveau.“
Eintracht Frankfurt gegen eine harmlose Hertha
Denn gegen die allzu harmlose Hertha hatte man nie das Gefühl, dass die Berliner wirklich zurück ins Spiel finden könnten, selbst wenn die zweite Hälfte in der Tat von eher überschaubarem Niveau war. Dafür war die Dominanz und auch die spielerische Überlegenheit in Durchgang eins frappierend. Die Tore durch Senkrechtstarter Randal Kolo Muani, der erst einen an ihm verschuldeten Strafstoß verwandelte (21.) und dann eine Traumkombination zum 2:0 abschloss (28.), fielen quasi zwangsläufig, in der Nachspielzeit setzte Aurelio Buta den Schlusspunkt.
Kolo Muai ist ganz klar die Frankfurter Lebensversicherung, nicht mal sein Fehlschuss im WM-Finale hat ihn aus der Bahn werfen können. Obwohl ihn die Szene bis heute beschäftigt. „Es war ein Rückschlag und ich hatte zu kämpfen, aber es hat mich nicht umgebracht, sondern stärker werden lassen.“ So stark gar, dass die Fans ihrem neuen Liebling einen eigenen Song widmeten. Kolo Muani, dieser große, schüchterne Junge, lächelte verlegen. „Ein tolles Gefühl, ich werde hart weiterarbeiten, damit das Lied noch häufiger erklingt.“
Auf seine Tore ist die Eintracht angewiesen, will sie ganz oben dran bleiben. In der Bundesliga darf man sich quasi keinen Ausrutscher erlauben. „Aber es macht keinen Sinn, sich Druck zu machen oder uns einzureden: Wir müssen, wir müssen, wir müssen“, sagt Torwart Kevin Trapp. Es gehe darum, „unsere Art des Fußball auf den Platz zu bringen. Dann kommt alles andere von alleine.“ (Ingo Durstewitz und Thomas Kilchenstein)