Bei Eintracht Frankfurt bröckelt es an vielen Stellen

Den Verein beschäftigen zahlreiche Nebenschauplätze – und das Team steckt im Tief. Gegen Stuttgart besteht die Chance, sich aufs Wesentliche zu besinnen.
Frankfurt – Dieser Tage ist der Eintracht-Kosmos ja ganz schön in Aufruhr gewesen, keine fluffige Zeit gerade für den sich scheinbar in einem Dauerhoch befindlichen Bundesligisten aus Frankfurt. Die Turbulenzen im Raffer: irrsinniges Fanverbot für das Champions-League-Auswärtsspiel am Mittwoch in Neapel, Abwanderungsgedanken von Mastermind Axel Hellmann Richtung DFL-Spitze. Dazwischen mal wieder ein öffentlich ausgetragener Richtungsstreit der Herren Markus Krösche (Sportvorstand) und Oliver Glasner (Cheftrainer). Der eine, Krösche, findet, es gebe Probleme im Kombinationsspiel gegen sich einigelnde Gegner, der andere findet das gar nicht. Gestörte Kommunikation offenbar. Seltsam. Obendrauf gepackt kommt noch die angebotene Verlängerung des Anstellungsvertrages von Oli Glasner, der aber gar nicht daran denkt, jetzt schon zu unterschreiben. Ist ja noch massig Zeit. Jetzt erst mal Fußball.
Dummerweise läuft es auf dem Rasen auch nicht mehr so ganz prickelnd – vielleicht, weil sich auch dort ein paar Berufsfußballer tummeln, die die Eintracht-Liaison womöglich beenden möchten. Da können die Gedanken im Köpfchen schon mal ganz woanders sein. Doch das ist, klar, hypothetisch.
Eintracht Frankfurt im Stimmungstief – möglicher Hellmann-Abgang als Damoklesschwert
Nicht hypothetisch, sondern sauber notiert ist die Ausbeute der letzten fünf Spiele. Die ist überschaubar: ein Sieg (Bremen), ein Remis (Wolfsburg), drei Niederlagen (Köln, Neapel, Leipzig). Das ist nicht tragisch, kann mal passieren im Laufe einer Saison, aber es ist eben auch nicht das, was es braucht, um das gesetzte Ziel (Champions League im besten Fall) zu erreichen.
Einen kausalen Zusammenhang herzustellen zwischen den Irrungen abseits des Feldes und dem Geleisteten auf dem Platz, ist vielleicht etwas weit hergeholt. Doch klar ist, dass es immer besser ist, wenn Ruhe herrscht und der Fokus scharf gestellt ist. Geschlossenheit und Stabilität waren immer ein Faustpfand der Eintracht. Kontinuität und Verlässlichkeit in der Führung gepaart mit richtigen Entscheidungen auf vielen Ebenen ermöglichten erst den bemerkenswerten Aufschwung der vergangenen Jahre. Genau deshalb wäre ein Abgang von Vorstandssprecher Hellmann so bitter, er würde weit schwerer wiegen als ein Verkauf eines Leistungsträgers aus der Mannschaft. Es würde das ganze Konstrukt Eintracht in seinen Grundfesten erschüttern.
Vielleicht sollten sich bei der Eintracht alle wieder aufs Wesentliche konzentrieren. Nebenschauplätze sind unnütz und nicht leistungsfördernd. Doch Unruhe lässt sich ja nicht auf Knopfdruck beseitigen.
Eintracht Frankfurt vor Duell mit Stuttgart - viele Spieler im Formtief
Inmitten dieser unheilvollen Gemengelage muss die Mannschaft zusehen, wieder in die Spur zu kommen. Das ist gar nicht so leicht, denn das Flüssige ist ihr abhandengekommen, und es wäre auch besser, das würden sich alle eingestehen, statt eine knappe Niederlage wie in Leipzig und ein mühevolles Remis in Wolfsburg als Schritt in die richtige Richtung zu verkaufen. Für das Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen Stuttgart ist zudem noch Jesper Lindström unpässlich, der mit einer Knöchelverletzung länger ausfällt. Der Däne ist auch so ein Aspirant, der den Verein im Sommer für viele Millionen verlassen könnte und nicht abgeneigt wäre, das zu tun. Darob ist seine Form auf der Strecke geblieben. Kann passieren, ist nur schlecht, wenn es bei zu vielen gleichzeitig passiert.
Denn neben Daichi Kamada, der Wackelabwehr um Evan Ndicka und Tuta sowie den beiden mittlerweile stark nachlassenden Flügelspielern Philipp Max und Aurelio Buta zeigt auch bei Nationalspieler Mario Götze die Formkurve nach unten. Das könnte an einer ausgeprägten Sonderbehandlung durch die Gegenspieler liegen, die dem klugen Techniker so gar keine Räume mehr bieten und ihm ungezogenerweise ständig auf den Füßen stehen. Das mag selbst ein Klassemann wie Götze nicht.
Stimmungstief bei Eintracht Frankfurt – Lindströms Ausfall als Chance?
Vielleicht ist der Ausfall Lindströms auch die Chance, mal etwas in der festgefahrenen Statik zu ändern. Denn die Kontrahenten haben das Spiel der Eintracht ausgelesen und machen ihr so das Leben schwer, das fast ausschließlich in den Händen des Starstürmers Randal Kolo Muani liegt. Wie wäre es, mal Rafael Borré, der schon eine Einsatzgarantie erhielt, mit Kolo Muani als Doppelspitze aufzubieten? Oder Mario Götze mal auf der Zehn zu probieren oder Daichi Kamada wieder nach vorne zu ziehen, dort, wo er eh am stärksten ist? Oder vielleicht sogar mal den kreuzunglücklichen Mittelstürmer Lucas Alario mit Kolo Muani versuchen, denn seit die Außen wieder mit eher klassischen Verteidigern besetzt sind (Max, Buta) segeln auch wieder mehr Flanken in die Box. Nur Abnehmer gibt es nicht so viele.
Oder aber: Alles beim Alten lassen und hoffen, dass der Knoten platzt. Auch eine Möglichkeit. (Ingo Durstewitz)