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Kein Durchbruch bei Gespräch zwischen Eintracht-Bossen Hellmann und Holzer

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Von: Ingo Durstewitz

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Nicht mehr auf einer Wellenlänge: Philip Holzer (links) und Axel Hellmann.
Nicht mehr auf einer Wellenlänge: Philip Holzer (links) und Axel Hellmann. © imago images/osnapix

Ausgerechnet vor dem entscheidenden Champions-League-Spiel in Neapel braut sich mächtig Ärger zusammen: Die Bosse Hellmann und Holzer steuern auf einen Machtkampf zu.

Update, 15. März: 20.53 Uhr: Am Mittwoch ist dann das tags zuvor ausgefallene Gipfeltreffen zwischen den Eintracht-Bossen über die Bühne gegangen. Demnach, das teilte der Frankfurter Bundesligist mit, hätten Vorstandssprecher Axel Hellmann und Aufsichtsratsvorsitzender Philip Holzer „ein intensives, kritisches, aber sehr konstruktives Gespräch“ geführt, in dem es um „das Rollenverständnis und die Einordnung bestimmter Sachthemen, insbesondere um die Kapitalmaßnahme ging“. In der Unterredung, hieß es, seien die „unterschiedlichen Positionen und Interessen ausgetauscht worden“. Holzer habe dabei nachvollziehen können, „dass einzelne Punkte falsch interpretiert werden konnten“. Klingt so , als habe Holzer eingeräumt, dass er ab und an offenbar Anlass zu Kritik geliefert hat. Den großen Durchbruch hat der Eintracht-Gipfel dennoch nicht gebracht. Das war aber auch nicht zu erwarten. Die beiden Macher haben vereinbart, die Gespräche wirken zu lassen und fortzusetzen. FR

Ursprungsmeldung: 14. März, 16.13 Uhr: Neapel – Wenn Eintracht Frankfurt am Mittwochabend am Fuße des Vesuvs ins Viertelfinale des royalen Wettbewerbs einziehen will, braucht der Bundesligist aus dem Hessischen nicht weniger als ein Fußballwunder. Ein mittelgroßes bis sehr großes. Das lässt sich unglücklicherweise aber noch immer nicht auf Knopfdruck erzeugen oder halt einfach so, weil man mal gerade eines braucht. Selbst für die Eintracht nicht, und die ist ja nicht wunderunerprobt.

Eintracht Frankfurt vor schwerer Aufgabe in der Champions League bei der SSC Neapel

Es gilt, eine 0:2-Niederlage aus dem Hinspiel wettzumachen, gegen eine Mannschaft, die die italienische Serie A nach Belieben beherrscht, mit 18 Punkten Vorsprung einsam ihre Kreise zieht. Die SSC Neapel ist eine Klasse für sich, gehört zurzeit sicherlich zu den stärksten und widerstandsfähigsten Teams in Europa. In der Verfassung ein heißer Kandidat auf den Champions-League-Titel. Wie also soll das nur funktionieren am Mittwochabend (21 Uhr/Dazn) im ehrwürdigen Stadio San Paolo im Stadtteil Fuorigrotta, das seit dem Tod des vergötterten Diego Armando Maradona den Namen der Napoli-Legende trägt.

Okay, der Eintracht ist irgendwie immer vieles bis alles zuzutrauen. Sie ist in der Lage, etwas Besonderes zu erreichen, zurückzuschlagen, wenn sie am Boden liegt, es allen zu zeigen, wenn sie abgeschrieben ist. Das zeichnet sie aus, das ist zu ihrem Markenkern geworden. Dafür wird sie, gerade auf internationalem Parkett, geachtet und auch bewundert. Sie hat viele Rückstände umgebogen, Rückschläge weggesteckt, und selbst wenn sie dramatisch im Elfmeterschießen scheitert, wie damals im Halbfinale der Europa League an der Stamford Bridge gegen den FC Chelsea, hat sie daraus nicht nur Reputation gewonnen, sondern auch Stärke gezogen – und drei Jahre später vollendet.

In jener magischen Nacht von Sevilla im Mai 2022 schenkte sie Frankfurt den ersten internationalen Titel nach mehr als vier Jahrezehnten – nachdem sie vorher den ruhmreichen FC Barcelona gedemütigt hatte. Indes: Den Pokal gewann sie nicht, weil sie die beste Mannschaft war, sondern weil sie die größte Kraft entwickelte, den stärksten Willen hatte und es am meisten wollte.

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Das alles fußt auf einem in sich geschlossenen System, auf dem Zusammenhalt und der Symbiose einer ganzen Region mit dem Verein. „Den geplanten Zauber“, nannte es die FR. Ein Phänomen. „So können wir Grenzen verschieben“, sagt Vorstandssprecher Axel Hellmann, so etwas wie der Spiritus Rector dieser Geschichte.

Das Vertrackte im trüben Spätwinter 2023: Davon ist nicht mehr viel geblieben.

Das Elektrisierende und Kribbelnde ist nicht zu spüren, das Faszinosum weggebrochen. Das betrifft explizit das Rückspiel am Mittwoch mit den unschönen Begleitumständen, dem skandalösen Ausschluss der Frankfurter Anhängerschar durch italienische Behörden. Dieses unsichtbare Band zwischen den Fans und dem Team wird es in Neapel nicht geben – da scheint auch die vage Hoffnung auf eine nun oft propagierte Trotzreaktion eben nur das: eine vage Hoffnung.

Und auch die Mannschaft ist eigentlich nicht in der Verfassung, um an Wundern arbeiten zu können. Sie steckt in einer veritablen Schaffenskrise und muss in Randal Kolo Muani sowie Jesper Lindström noch ohne zwei ihrer besten Spieler auskommen. Wird schwierig.

Eintracht Frankfurt: Machtkampf zwischen den Vereins-Bossen Hellmann und Holzer

Doch viel schlimmer als all das: Die innere Geschlossenheit des Vereins, diese Wagenburgmentalität und die Stabilität bröckelt, die Eintracht ist keine Einheit mehr. Dabei war gerade das ihr Faustpfand. „Kontinuität und Verlässlichkeit in der Führung gepaart mit richtigen Entscheidungen auf vielen Ebenen haben den bemerkenswerten Aufschwung der vergangenen Jahre erst möglich gemacht“, schrieb die FR erst vor wenigen Tagen.

Das steht jetzt auf dem Spiel, denn auf höchster Ebene tun sich tiefe Gräben auf, die nur schwer überbrückbar scheinen. Hinter den Kulissen läuft alles auf einen Machtkampf zwischen den beiden Eintracht-Bossen hinaus: Das Verhältnis zwischen Vorstandssprecher Axel Hellmann und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Philip Holzer ist belastet. Beide funken nicht mehr auf einer Wellenlänge, da geht es um die Ausrichtung des Vereins, unterschiedliche Vorstellungen der Rollenverteilung, die Auslegung des Jobprofils – und um persönliche Differenzen. Es knirscht und knackt, Harmonie geht anders. Das belastet den Verein, strahlt auf ihn ab.

Axel Hellmann trägt sich daher ernsthaft mit dem Gedanken, die Eintracht nach mehr als 20 Jahren in verschiedenen Führungspositionen zu verlassen und die Seiten zu wechseln. Der 51-Jährige wird von den Mächtigen der Bundesliga dazu gedrängt, ab Sommer den Posten des DFL-Chefs zu übernehmen, den er seit Dezember gemeinsam mit dem Freiburger Kollegen Oliver Leki kommissarisch innehat. Viele, gerade die Dortmund- und Bayern-Bosse, sehen in dem Juristen die Idealbesetzung. „Es ist kein Geheimnis, dass ich die intellektuellen Fähigkeiten und das Durchsetzungsvermögen von Axel Hellmann schätze“, sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der auch dem Aufsichtsrat der DFL vorsteht. Das war im August 2022.

Axel Hellmann vor Abschied bei der SGE? Sein Aus wäre ein herber Verlust

Das Eintracht-Urgestein reizt der anspruchsvolle Job durchaus, auch weil eine solche Chance in der Regel nur einmal im Leben kommt. Er spürt zudem eine Verantwortung dem deutschen Fußball gegenüber – genauso wie die zu seiner großen Liebe, der Eintracht. Das macht es für ihn persönlich so knifflig.

Fest steht, dass sein Abgang ein herber Verlust für die Eintracht wäre, sie wäre nicht mehr sie selbst. Zumal mit Hellmann sicherlich Leistungsträger aus der zweiten Führungsebene gehen würden – und Vereinspräsident Peter Fischer geschwächt und beschädigt ist. Nach den staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen Drogenbesitzes ist der schrille und laute Mann quasi nicht mehr existent, seinen 67. Geburtstag am Dienstag feierte er im kleinen Kreis, nicht in Neapel. Die Eintracht tritt in Italien aus Protest ohne Delegation an. Auch das war vor einem Jahr ganz anders, damals peitschte der polarisierende Fischer seinen Klub mit markigen - und grenzwertigen – Reden quer über den Kontinent. Das wird es nicht mehr geben. Die Eintracht, so scheint es, steht vor einer Zäsur, einem Wandel. Zerfällt ihre DNA?

Axel Hellmann jedenfalls würde wohl keinen Gedanken daran verschwenden, seinen Stammverein zu verlassen, wenn es reibungslos laufen würde. Und sei die neue Herausforderung noch so reizvoll. Und: Würde es das starke DFL-Interesse nicht geben, würde der Konflikt der beiden Alphatiere wohl noch weiter schwelen und wäre nicht nach außen gedrungen.

Hinter den Kulissen rumort es freilich schon seit längerer Zeit. Nicht alles, aber einiges hat sich an der geplanten Kapitalmaßnahme entzündet, über deren Ausgestaltung und Umsetzung es intern unterschiedliche Ansichten gibt.

Fakt ist, dass eine im vergangenen Jahr abgegebene und zeitlich begrenzte Offerte des vermögenden Unternehmers Stephen Orenstein auslief und also nicht angenommen wurde. Seitdem herrscht Stillstand. Orenstein sitzt gleichzeitig im Aufsichtsrat der Eintracht und zeichnete schon einmal (gemeinsam mit Partner Holzer) für die Aufstockung des Eigenkapitals verantwortlich. Damals, 2018, flossen 15 Millionen Euro.  

Wechsel zur DFL? Axel Hellmann sagte zuletzt einen Gesprächstermin ab

Interessant in diesem Zusammenhang: Die Anteile des Muttervereins, der als Mehrheitsgesellschafter zurzeit 67,89 Prozent an der Fußball-AG hält, würden bei einem solchen Vorgang schrumpfen. Das liegt in der Natur der Sache. In welchem Maß aber, das stellte die Basis auf der Mitgliederversammlung Ende September klar. Sie sendete ein klares Signal, indem sie den Dringlichkeitsantrag des Mitglieds Sebastian Braun mit großer Mehrheit (73,67 Prozent) annahm. Die Forderung darin besagt, dass die Anteile des eingetragenen Vereins nicht unter 60 Prozent fallen dürften und ein Investor nicht mehr als 24,9 Prozent halten dürfe, um eine Sperrminorität zu vermeiden. Das sind die Leitplanken, an denen sich die Verantwortlichen orientieren sollten. Axel Hellmann sieht sich seit jeher als basisnah.

Und wie geht es weiter? Ein für Dienstag anberaumter Gesprächstermin der beiden Macher wurde von Hellmann kurzfristig abgesagt, soll aber zeitnah nachgeholt werden. Dabei wird es aber nicht, wie hier und da schon vermutet, zum Showdown kommen. Erst einmal soll die Basis einer weiteren Zusammenarbeit ausgelotet werden und die Frage, wie groß Hellmanns Wechselwunsch ist. Mit einer schnellen Entscheidung ist jedoch nicht zu rechnen. Es wird auch davon abhängen, unter welchen Voraussetzungen es in Frankfurt weitergeht und welche Perspektiven Hellmann bei der DFL sieht. Er ist kein Verwalter, sondern ein Treiber. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind ihm wichtig, etwa das Investorenmodell, das der Liga drei Milliarden Euro bringen könnte. Hellmann geht es um Wachstum und eine Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga im internationalen Vergleich. Viele sehen in ihm den legitimen Nachfolger des geschätzten Christian Seifert, der vor gut 14 Monaten abdankte.

Man kann also, so ganz allgemein, nicht behaupten, es läuft gerade rund bei der Eintracht. Eher spitzt sich die Situation zu – nicht nur am Mittwochabend am Fuße des Vesuvs.

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