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„Drei-Klassen-Gesellschaft“: Hellmanns düsteres Szenario für die Frauen-Bundesliga

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Von: Frank Hellmann

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Tschüss Siggi. Siegfried Dietrich (li.) wird von Axel Hellmann in den Ruhestand verabschiedet. Foto: Imago Images
Tschüss Siggi. Siegfried Dietrich (li.) wird von Axel Hellmann in den Ruhestand verabschiedet. Foto: Imago Images © Hartenfelser/Imago

Bei der Verabschiedung von Siegfried Dietrich entwirft der Eintracht-Chef düstere Szenarien für die Frauen-Bundesliga.

Frankfurt – Es hat bis kurz vor Mitternacht gebraucht, ehe Siegfried Dietrich wirklich realisiert hatte, wer da alles zu seiner offiziellen Verabschiedung in den Profi-Campus von Eintracht Frankfurt gekommen war. Einen größeren Bahnhof hätte es für „Mister Frauenfußball“ gar nicht geben können: Die DFB-Spitze mit Präsident Bernd Neuendorf, Generalsekretärin Heike Ullrich und Vizepräsidentin Celia Sasic, Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg oder Nia Künzer war gekommen. Der ehemalige Eintracht-Macher Fredi Bobic reiste extra aus Berlin an, und natürlich fehlte – abgesehen von Präsident Peter Fischer – auch die Frankfurter Führungsriege nicht.

Frauen-Bundesliga: Eintracht-Boss Hellmann beklagt „Drei-Klassen-Gesellschaft“

Eintracht-Vorstandssprecher Axel Hellmann nutzte die Gelegenheit, bei der Würdigung von Dietrichs Lebenswerk zugleich den Ist-Zustand der Frauen-Bundesliga kritisch zu hinterfragen: „Wir erleben eine Drei-Klassen-Gesellschaft: Wolfsburg und Bayern ganz oben, dahinter Hoffenheim und wir und dann noch den Rest.“ Für den Interessierten bedeute das einen „Mangel an Spannung“.

Hellmann hörte sich wie einst Heribert Bruchhagen an, als dieser vor „zementierten Verhältnissen“ der Männer-Bundesliga warnte. Nun sprach der 51-Jährige für die oberste Frauen-Spielklasse von einer „Betonierung“, die letztlich die Attraktivität des Produkts“ gefährde. Der Frauenfußball werde sich an seinen verschiedenen Standorten in diesen Strukturen nicht wie gewünscht entwickeln, so die düstere Prognose des interimsmäßig die Deutsche Fußball-Liga (DFL) führenden Eintracht-Funktionärs. Man müsse sich ernsthaft Gedanken machen, ob man nicht einen ‚Salary Cap‘ oder andere Beschränkungen einführe.

Dass der sportlich wie wirtschaftlich weit enteilte VfL Wolfsburg und danach der FC Bayern sich seit einem Jahrzehnt alle nationalen Titel aufteilen und auch die einzigen Klubs sind, die ernsthaft in der Champions League eine Rolle spielen, könne so nicht bleiben. „Ich sehe das mit Sorge!“

Frauenfußball: Größere Liga gefordert

Den mahnenden Worten lauschten auch beide Frankfurter Oberbürgermeister-Kandidaten Mike Josef und Uwe Becker, der ehemaliger hessische Ministerpräsident Volker Bouffier oder Peter Beuth, Hessens Minister für Inneres und Sport. Der wegen gesundheitlicher Probleme bereits aus allen Ämtern ausgeschiedene Dietrich wünschte sich bei seiner letzten Rede, dass alle Erstliga-Spielerinnen „Profis werden und von ihren Gehälter gut leben können“.

Zudem forderte der 65-Jährige ab 2027 „mindestens 16 Teams in der Frauen-Bundesliga“, um die Sichtbarkeit zu steigern. In fünf, sechs Jahren hält der Begründer des 1. FFC Frankfurt eine „schwarze Null“ auch in den Lizenzvereinen für möglich.

Dazu braucht es aber noch einige Allianzen, gerade zwischen Sponsoren und Medien, mehr. Dietrich beherrschte es, übergreifende Netzwerke zu flechten, um den Frauenfußball in der Gesellschaft verankern. Dass er vor der Fusion mit der Eintracht selbst erhebliches wirtschaftliches Risiko in Kauf nahm, rechnete ihm Hellmann hoch an. Als er dann jenen Mann minutenlang drückte, der sich wie kaum ein anderer um den Frauenfußball verdient gemacht hatte, wirkten die Gäste, darunter auch alle Bundesligaspielerinnen der Eintracht, ziemlich ergriffen.

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