Vierschanzentournee Sven Hannawald muss zittern
Beim Sieg des polnischen Skispringers Kamil Stoch wahrt Deutschlands Tourneehoffnung Richard Freitag die Chance auf den Gesamtsieg.

So ganz offen mag Sven Hannawald es nicht zugeben. Eher unterschwellig lässt sich beim früheren Weltklassespringer heraushören, was er am meisten fürchtet: Jedes Jahr zur Jahreswende droht ihm die Einstellung seines sportlichen Rekords. Viel von dem, was Hannawald bis heute darstellt, bemisst sich nach jener sportlichen Sonderleistung, die er vor 16 Jahren auf die Beine gestellt hat – als erster Skispringer alle vier Wettbewerbe bei einer Vierschanzentournee zu gewinnen. In 64 Ausgaben vor und nach ihm ist das keinem gelungen.
Inzwischen tourt Hannawald wieder mit den besten Springern der Welt. Er soll als prominenter Kommentator dem Spartensender Eurosport dazu verhelfen, dass spätestens dann eine wahrnehmbare Zahl Zuschauer ihn auf ihrer Fernbedienung findet, wenn der Sender seine teuer erworbenen Rechte an den Olympischen Spielen nutzt. So muss Hannawald nun in allernächster Nähe wieder einmal mit dem Zittern beginnen: Wie im vergangenen Jahr ist der Pole Kamil Stoch rechtzeitig zur Tournee in Form gekommen.
Kamil Stoch brilliert auch in Garmisch-Partenkirchen
Nach seinem Auftaktsieg in Oberstdorf hat der Doppel-Olympiasieger auch am Neujahrstag in Garmisch-Partenkirchen brilliert. Trotz erneut widriger Verhältnisse bei zwar klarem, hellblauem Himmel aber arg wechselndem Wind hat er seine Extraklasse bewiesen und Deutschlands aktuelle Vierschanzen-Hoffnung Richard Freitag überzeugend bezwungen. Vor den letzten beiden Springern im Finaldurchgang, dem Slowenen Tilen Bartol und Stoch, unterbrach die Jury erneut minutenlang, um abzuwarten, bis der Wind faire Verhältnisse zuließ.
Die halbe Miete eingefahren, fehlen Stoch nun noch zwei Siege, um nicht nur seinen Titel aus dem Vorjahr zu verteidigen, sondern gleich noch Hannawald sein Alleinstellungsmerkmal abzujagen. „Kamil Stoch ist unheimlich gut in Form“, sagt der deutsche Bundestrainer Werner Schuster, dem aber weniger Hannawalds Ewigkeitssehnsucht denn die Perspektiven seiner Leute am Herzen liegen: „Richard ist auch in sehr guter Form. Er kann ihn aus eigener Kraft schlagen. Es sind noch vier Sprünge, da ist noch lang‘ nichts entschieden.“