Hintergrund ist einerseits der steigende Wasserbedarf in der wachsenden Stadt, andererseits die Klimakrise, die Hitze und Dürre bringt, aber auch Starkregen und Überschwemmungen. Darauf gilt es zu reagieren. Die Stadt Frankfurt hatte in diesem Jahr ein Wasserkonzept vorgelegt, das weiter darauf setzt, den größten Teil des Bedarfs aus dem Umland (Vogelsberg, Hessisches Ried) zu importieren.
Das Isoe untersuchte zwei Szenarien: eines, das nur den Trend fortsetzt, bewusster mit dem Wasser umzugehen – nicht effektiv, urteilt der Erstautor der 250-seitigen Studie, Engelbert Schramm: „Die ersetzbare Trinkwassermenge bleibt im Szenario, das sich am gegenwärtigen Trend orientiert, mit 0,5 Millionen Kubikmeter Wasser sehr gering und bringt deshalb keinen Entlastungseffekt.“
ISOE-STUDIE
Gegenwärtig 118 Liter Trinkwasserverbrauch pro Person und Tag legt das Institut für sozial-ökologische Forschung (Isoe) seinen Berechnungen zugrunde. Davon seien 39 Liter durch andere Ressourcen zu ersetzen.
Die Studie geht auf Szenarien wie Hitze, Dürre und Starkregen ein. Sie soll Grundlage für die Stadt sein und der Versorgerin Hessenwasser Planungen für die Zukunft ermöglichen.
Deutlich mehr bringt die andere Variante mit dem Titel „Besondere Anstrengung“: Damit wären 5,5 Millionen Kubikmeter jährlich einzusparen, erweitert auf Betriebswassernutzung auch in anderen Bereichen sogar bis zu 6,6 Millionen, so die Forschenden. Es sei möglich, den erwarteten Mehrbedarf an Trinkwasser bis 2050 zu ersetzen, sagt Schramm.
Zum Einsatz käme dann beispielsweise sogenanntes Grauwasser, umgeleitet aus Waschbecken und Dusche des Badezimmers sowie aus der Küche. Natürliche Einsatzorte: die Toilettenspülung, Garten und Balkon. Die Stadt müsse dafür Infrastrukturen umbauen, auch im Wohnungsbestand. Betriebswassernutzung bedeute keine Abstriche beim Komfort. Auch dem Main- und vor allem dem Regenwasser misst die Studie große Bedeutung bei, und dem Grundwasser dort, wo es mit Substanzen belastet ist, die es als Trinkwasser unbrauchbar machen.
Ein Brauchwassernetz für ganz Frankfurt sei im Gebäudebestand unmöglich zu realisieren, hat Klima- und Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) stets betont. Dem pflichtet Forscher Zimmermann bei: „Die komplette Stadt dafür auf den Kopf zu stellen, ist unrealistisch.“ In Neubaugebieten müssten aber stets lokale Betriebswassernetze mit eingeplant werden. In Konversionszonen wie dem Lyoner Quartier in Niederrad gehörten sie beim Umbau von Büro- in Wohnraum ins Konzept.
Stadträtin Heilig kennt die Studie und nennt die Ergebnisse „richtig und absolut notwendig – wir müssen dringend Brauchwasser nutzen“. Bei Neubauten sei das beschlossene Sache. Mit der Wohnungsgesellschaft AGB sei aufgrund der Studie auch ein Pilotprojekt in Planung. Umbau im Bestand bedeute aber: „Die Leute müssen zwei bis drei Tage ausziehen.“ Letztlich hänge vieles davon ab, ob es regnet.
„Aber man muss auch in den Bestand gehen“, sagt Zimmermann, Stichwort „besondere Anstrengung“, wenn es was bringen soll. Technisch werde das nicht einfach. „Man muss Wände öffnen für neue Leitungen. Aber so etwas bietet sich bei anstehenden Sanierungen ohnehin an.“
Zimmermanns Fazit: „Die Nutzung von Betriebswasser ist juristisch, technisch und ökonomisch realisierbar und sozioökonomisch denkbar, insofern sich Bewohner:innen für den Ersatz von Trinkwasser durch alternative Wasserressourcen offen zeigen.“ (Thomas Stillbauer)