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Attac diskutiert zum Jubiläum über Demokratie und Repression

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Von: Paula Denker

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Luisa Neubauer (Mitte) und drei weitere Aktivistinnen betonen die Notwendigkeit einer kritischen Zivilgesellschaft.
Luisa Neubauer (Mitte) und drei weitere Aktivistinnen betonen die Notwendigkeit einer kritischen Zivilgesellschaft. © Monika Müller

Luisa Neubauer und anderen Aktivistinnen debattieren in der Paulskirche darüber, warum kritisches Engagement wichtig ist. Und warum es sich trotz aller Mühen lohnt.

Attac feierte am Samstag seinen 20. Geburtstag und forderte das, was vor nunmehr zwei Dekaden auch schon zur Gründung führte: eine kritische Zivilgesellschaft für eine wehrhafte Demokratie.

„Wir brauchen Bündnisse, Netzwerke und wache Geister, die für unsere Demokratie streiten“, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) zum Auftakt der Feier in der Frankfurter Paulskirche. Und betonte, dass diese genau der richtige Ort für eine Diskussion über die zentrale demokratische Frage „In welcher Gesellschaft wollen wir leben?“ sei.

In die Paulskirche, wo im Mai 1848 die erste frei gewählte Nationalversammlung zusammentrat, hatte das globalisierungskritische Netzwerk Attac zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Vier Vertreterinnen von vier unterschiedlichen sozialen Bewegungen diskutierten eine Stunde lang über die Bedeutung von kritischem Engagement für die Demokratie und zeigten am Ende, dass es trotz aller Hürden noch Hoffnung gibt.

Wenn aus einem Projekt eine Bewegung wird: Luisa Neubauer von „Fridays for Future“ dachte zunächst, sie würden ein kleines Alarmglöckchen läuten lassen und zwei, vielleicht drei Monate demonstrieren. Mehr sei sicher nicht nötig, um die Politikerinnen und Politiker daran zu erinnern, das Pariser Klimaabkommen, das sie ja schließlich beschlossen hatten, auch einzuhalten. „Weit gefehlt“, bilanziert sie nach einem Jahr wöchentlicher Demonstrationen.

Privatsphäre ist kein Luxusgut

„Nur solange es notwendig ist“, wollten auch die Aktivistinnen und Aktivisten von SOS Méditerranée Menschen aus Seenot retten. Das war vor fünf Jahren. „Leider ist es immer noch notwendig, weil die europäischen Staaten nicht handeln“, sagt Jana Ciernioch von SOS Méditerranée.

Wenn Vorurteile herrschen: „Datenschutz wird oft als Individualproblem gesehen.“ Absurd findet das Netzaktivistin Katharina Nocun. „Privatsphäre ist kein Luxusgut. Das Recht seinen eigenen Raum zu haben, ist ein wichtiges Fundament vernetzter Demokratie“, sagt sie. „Dass wir alle die gleiche Behinderung unserer Arbeit erleben“, beklagt auch Ciernioch, die sich stetig mit dem Vorurteil konfrontiert sieht, dass ihre Präsenz im Mittelmeer dazu führe, dass sich Menschen auf den Weg nach Europa machten. „Ich kann gar nicht sagen, wie müde ich es bin, seit Jahren immer nur reaktiv zu sein und dagegenzuhalten“, berichtet sie.

Wenn der Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft schrumpft: „Die Schwierigkeit ist, aus dieser negativen Grundstimmung rauszukommen. Auf der Couch zu sitzen und zu denken, man könne eh nichts bewegen“, sagt die Netzaktivistin Nocun. „Aus der Perspektive ausbrechen und sich die Handlungsspielräume zurückholen“, ermutigt sie die Gäste in der Paulskirche. Das sieht auch Judith Amler von Attac so: „Wir müssen immer wieder deutlich machen, was für Verbrechen passieren.“

Viele sind verunsichert

Wenn sie Repressionen erfahren: Judith Amler erlebe in ihrer Arbeit bei Attac, dass viele Menschen, die sich engagierten, mittlerweile verunsichert seien. Nicht zuletzt seit Attac im vergangenen Jahr der gemeinnützige Status vom Bundesfinanzhof aberkannt wurde. Die Frage „Wie weit kann ich denn jetzt noch gehen?“ schränke mittlerweile viele in ihrem Engagement ein, kritisiert sie.

Hart sei es gewesen, Anerkennung für ihr Umweltengagement zu finden, sagt Neubauer. „Und da war keine Debatte, in der wir nicht ständig degradiert wurden und man uns als dumme Kinder dargestellt hat“, ergänzt sie. „Wir haben Schulschwänzdebatten geführt und sind im Klimaschutz stagniert. Das ist es, womit wir seit einem Jahr zu kämpfen haben.“

Wenn aber dennoch Hoffnung bleibt: „Wir sehen in Kommunen in ganz Europa, dass es widerständige Städte gibt“, sagt Ciernioch. Dass die Menschen über Grenzen hinweg Allianzen für eine kritische Zivilgesellschaft bilden, stimmt Luisa Neubauer hoffnungsvoll. „Die Frage ist, sind wir bereit, den Status quo infrage zu stellen? Und das sind immer Menschen, das stimmt mich extrem glücklich“, sagt sie.

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